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Noch freie Plätze im Medienhistorischen Forum (12./13.11.2021, online), jetzt bewerben!

Die Frist für Einreichungen zum diesjährigen Medienhistorischen Forum des Studienkreises am 12. und 13. November 2021 ist bis zum 06. Oktober 18:00 Uhr verlängert! Bewerben Sie sich mit Ihrem medienhistorischen Forschungsprojekt und diskutieren Sie es mit Kolleg*innen aus den Bereichen Rundfunk, Archive, Medien- und Kommunikationsgeschichte. Alle weiteren Infos finden Sie unter https://rundfunkundgeschichte.de/cfp-zum-medienhistorischen-forum-2021-12-13-november-online/

Viel Erfolg!

DRA Spezial Mauerbau 1961: Multimediales Webangebot geht an den Start

Am 13. August 2021 jährt sich der Bau der Berliner Mauer zum 60. Mal. Anlässlich dieses historischen Jahrestages präsentiert das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) ein komplett überarbeitetes Webangebot zu den Programmänderungen in Hörfunk und Fernsehen der DDR nach der Grenzschließung. 

»DRA Spezial Mauerbau 1961« ist unter 1961.dra.de abrufbar.

Dass die Woche nach der Grenzschließung eine turbulente Woche für Hörfunk- und Fernsehmitarbeiter war, legen zumindest die im DRA überlieferten Sendepläne nahe. Diese Sendepläne des Deutschen Fernsehfunks und den Hörfunkwellen »Berliner Rundfunk« und »Berliner Welle« stehen im Zentrum des neu aufbereiteten Webangebotes. Sie ermöglichen es, sich selbst einen Eindruck vom Einfluss auf und die Rezeption der Ereignisse durch die DDR-Medien zu verschaffen.

Der neue Webauftritt ist um eine Vielzahl multimedialer Quellen ergänzt: Nachrichtenvideos, Produktionsfotos oder Hörfunkmitschnitte machen viele der Programmpunkte unmittelbar erfahrbar. Die Programmänderungen sind grafisch hervorgehoben. Themendossiers bieten Einordnungen und spannende Hintergründe zur Geschichte von Fernsehen und Hörfunk der DDR im Jahr 1961. Das Angebot ist für alle Endgeräte responsive optimiert und um neue Funktionalitäten erweitert.

Das Webangebot ermöglicht eine Auseinandersetzung mit der Programmgestaltung der staatlichen DDR-Medien im Kontext des Kalten Krieges, in der Systemkonkurrenz zwischen »West-« und »Ost-Medien«. Damit wird nicht nur eine besondere Perspektive auf die Ereignisse in dieser »Woche im August« 1961 geboten, sondern auch die kritische Auseinandersetzung mit Berichterstattung und Medien gefördert – und dies besonders im Kontext der heutigen »Informationsflut im Netz«.

CfP | Medienhistorisches Forum am 12./13 November 2021 (online)

neue EINREICHUNGSFRIST: 06. OKTOBER

Call for Papers: Medienhistorisches Forum 2021

Das Medienhistorische Forum des Studienkreises Rundfunk und Geschichte existiert seit 1973 und versteht sich als Plattform, um Nachwuchswissenschaftler*innen mit Forscher*innen verschiedener Disziplinen und insbesondere mit Vertreter*innen aus der Kommunikations- und Mediengeschichte, Rundfunkanstalten und Medienarchiven zu vernetzen. In freundlicher und produktiver Atmosphäre werden Themen der Medien- und Kommunikationsgeschichte aus der gesamten Breite des Forschungsfeldes diskutiert. Nachwuchswissenschaftler*innen laden wir ein, sich mit ihren aktuellen Forschungsprojekten zu bewerben.

Beispielhafte Themenfelder sind:

  • Geschichte und Entwicklung von Hörfunk, Fernsehen, Publizistik und Journalistik, Fotografie, Onlinemedien, Musikmedien oder anderen Einzelmedien und Mediengattungen
  • Geschichte der Kommunikations- und Medienpolitik: Institutionen, Prozesse, Personen
  • Mediatisierung und Medialisierung von Gesellschaft und gesellschaftlichen Teilbereichen
  • Medienöffentliche Diskurse und Medienöffentlichkeiten im Wandel
  • Vergangene, tradierte und neue Praktiken der Medienproduktion und Medienrezeption
  • Geschichte der Rezeptionsforschung, Zuschauerforschung, Sozialforschung der Medienkommunikation
  • Forschung zur Technikgeschichte und Materialität der analogen und digitalen Medien
  • Einzelanalysen und Fallstudien zu Formaten, Sendungen, Personen
  • Innovative Ansätze der Methoden- und Theoriebildung von Kommunikationsgeschichte und Medienkulturwissenschaft (z.B. digitale Methoden, Nostalgie-Konzepte)
  • Erinnerungskultur und Medien

Die vorgestellten Papers müssen und sollen keine abgeschlossenen Projekte abbilden; konkrete Projektskizzen sollten aber dennoch vorhanden sein, so dass wir auf hohem Niveau über die Themen, Gegenstände, Quellen, Methoden oder theoretischen Ansätze diskutieren können. Einreichungen in englischer Sprache sind möglich. Das Forum richtet sich insbesondere an Promovierende, an Habilitierende, aber auch an MA-Absolvent*innen, die auf Grundlage ihrer Abschlussarbeit ein Dissertationsthema entwickeln. Der erste Veranstaltungstag wird traditionell mit einem Expert*innenvortrag beschlossen, der Einblicke in Praxisfelder von Medien und aktueller Forschung gibt.

Einreichung und Review-Verfahren

Zur Bewerbung reichen Sie bitte ein Exposé ein, das die Grundlinien des geplanten Vortrages umreißt und zwei Seiten Text (6.000 Zeichen inklusive Leerzeichen, plus Literaturangaben) umfassen soll.

Geben Sie in Ihrem Exposé bitte keine Angaben zu Ihrer Person an, sondern reichen Sie ein zusätzliches Deckblatt mit Ihren Kontaktdaten und dem Titel des Vortrags als einzelne Datei ein. Senden Sie Ihr Exposé und das Deckblatt bis zum 06. Oktober 2021 an Susanne Hennings (DRA), susanne.hennings@dra.de.

Die Auswahl der Vorträge findet in einem anonymisierten Review-Verfahren durch die Veranstalter*innen statt. Deshalb sollten alle Angaben zur Person nur auf dem Deckblatt des Exposés platziert sein und die Dateien frei von identifizierenden Metadaten.

Die Veranstaltung wird 2021 aufgrund der Pandemiesituation online stattfinden.

Veranstalter*innen

Das Medienhistorische Forum wird veranstaltet vom Studienkreis Rundfunk und Geschichte e.V. in Kooperation mit dem Nachwuchsforum Kommunikationsgeschichte der Fachgruppe Kommunikationsgeschichte der DGPuK. Ansprechpartner*innen für Rückfragen sind Kai Knörr (Studienkreis RuG/Universität Potsdam, knoerr@uni-potsdam.de) und Elisa Pollack (NAKOGE/FU Berlin, elisa.pollack@fu-berlin.de).

Dr. Kai Knörr (Studienkreis Rundfunk und Geschichte)
Dr. Kiron Patka (Studienkreis Rundfunk und Geschichte)
Elisa Pollack und Simon Sax (Sprecher*innen des Nachwuchsforums Kommunikationsgeschichte der DGPuK – NAKOGE)
Dr. Erik Koenen und Dr. Christian Schwarzenegger (Sprecher der Fachgruppe Kommunikationsgeschichte der DGPuK)

CfP | Workshop: „Der Osten im Westen“

„Der Osten im Westen“
Deutschsprachige Autorinnen und Autoren aus dem östlichen Europa im Rundfunk nach 1945

Ort: Deutsches Rundfunkarchiv am Standort Frankfurt, Sitzungsraum: Hessischer Rundfunk, Konferenzraum 1, Bertramstraße 8, 60320 Frankfurt am Main

Datum: 22./23. März 2022

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges flohen viele deutschsprachige Autorinnen und Autoren aus dem östlichen Europa in die vier Besatzungszonen, aus denen 1949 die Bundesrepublik und die DDR entstanden. Mit ihrer literarischen und publizistischen Arbeit reagierten sie auf die Erfahrungen von Krieg und Flucht, von Verlust der Heimat und vom Start in einer neuen Umgebung. Der Arbeit für die Rundfunksender kam dabei eine besondere Bedeutung zu, bildeten diese doch sehr schnell zentrale Orte der Literaturproduktion und der Literaturvermittlung und übernahmen eine wichtige Rolle in den neu entstehenden Literaturbetrieben.

Diese rundfunkliterarische und rundfunkpublizistische Tätigkeit von Autorinnen und Autoren „aus dem Osten“ ist insgesamt bislang wenig erforscht, auch wenn es Ausnahmen gibt, wie etwa die des in Estland geborenen Hörspielautors Fred von Hoerschelmann (1901-1976) oder die des in Schlesien geborenen Friedrich Bischoff (1896-1976). Er war Schriftsteller und vor 1933 Intendant der Schlesischen Funkstunde in Breslau; nach dem Krieg startete er eine zweite Rundfunk-Karriere beim Südwestfunk. Bis 1965 war er Intendant der Rundfunkanstalt und prägte mit den Redakteuren in Baden-Baden das Programm nachhaltig. Ein weiteres Beispiel verdeutlicht die verschlungenen Wege, die mitunter gegangen wurden. So arbeitete der in Prag in einer deutschsprachigen jüdischen Familie aufgewachsene Dr. Vilém Fuchs (1933-1990) zunächst bis 1965 als Chefredakteur der deutschsprachigen Sendungen von Radio Prag, bevor er 1971 Leiter der Abteilung Kultur und Gesellschaft bei Radio Bremen wurde. Schließlich kamen viele Schriftsteller*innen der sogenannten „jungen Generation“ nach 1945 zum ersten Mal mit dem Rundfunk in Kontakt. Dies konnte wie im Fall des in Ostpreußen geborenen Siegfried Lenz zu einer lebenslangen Medienarbeit führen.

Diese Verbindungen von Literatur und Medien, von Autorinnen und Autoren aus dem östlichen Europa und der Rolle des Rundfunks nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in der Bundesrepublik und in der DDR sollen auf dem Workshop ausgelotet werden.

In den Archiven der ARD-Landesrundfunkanstalten und im Deutschen Rundfunkarchiv (DRA) gibt es Hörfunkaufnahmen von deutschsprachigen Autorinnen und Autoren aus dem östlichen Europa, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg „im Westen“ eine neue Existenz aufbauen mussten. Diese Stimmen im Rundfunk der ersten Nachkriegsjahrzehnte in der Bundesrepublik und in der DDR sollen wiederentdeckt und die Kontexte der Aufnahmen erforscht werden.

Dazu bringt der Workshop am Thema interessierte Nachwuchswissenschaftler*innen aus den Literatur- und Medienwissenschaften im Deutschen Rundfunkarchiv am Standort Frankfurt/Main mit Archivmitarbeiter*innen der Rundfunkanstalten und des DRA ins Gespräch. Die Teilnehmer*innen erhalten Gelegenheit, Skizzen mit Forschungsinteressen und geplanten Projekten vorzustellen und zu diskutieren sowie einen Einblick in vorhandene Archivbestände zu bekommen.

Ein damit verbundenes Ziel des Workshops ist es, Forschungen im Schnittfeld von Rundfunk- und Literaturgeschichte, von Programm- und Zeitgeschichte anzustoßen. Im Zusammenhang mit einem geplanten Forschungsprojekt der Veranstalter*innen besteht die Möglichkeit, eigene Fragestellungen aus diesem Themenfeld einzubringen und diese im Rahmen einer Dissertation und/oder eines Post-Doc-Projekts zu bearbeiten. Ein entsprechender Antrag kann gemeinsam mit den ausgewählten Nachwuchskräften entwickelt und eingereicht werden.

Der call for papers richtet sich an Masterabsolvent*innen mit Promotionswunsch, Doktorand*innen und Post-Docs. Sie sind eingeladen, laufende Arbeiten bzw. Projektideen zum oben genannten Themenfeld und den damit verknüpften Fragestellungen vorzustellen. Auf der Grundlage der eingegangenen Exposés werden die Archivar*innen gebeten, speziell zu den Themenvorschlägen eine kleine Auswahl von passenden Dokumentenbeispielen aus ihren jeweiligen Archiven zu präsentieren.

Fragestellungen

Im Fokus steht die Medienarbeit von Autor*innen aus dem östlichen Europa und speziell ihre Arbeit für die Radioprogramme in den ersten Nachkriegsjahrzehnten. Folgende Fragestellungen sollen angegangen werden:

  • Wie gingen Literat*innen und Journalist*innen aus dem östlichen Europa mit dem Ankommen in einer neuen Umgebung/Region um?
  • Wie gestalteten sie den beruflichen und literarischen Neubeginn in einer anders geprägten Kulturlandschaft?
  • Wie verhielten sie sich zu Traumata der Kriegs- und Nachkriegszeit?
  • Welche Themen wählten sie für ihr Schreiben?
  • Welche medialen Strategien der Bewältigung ihrer neuen Situation entwickelten sie, und welche Rolle spielte dabei das Medium Rundfunk?
  • Wie nahmen sie selbst und die neuen Zuhörer*innen ihre andere Sprachfärbung/ihren Dialekt wahr? Wie veränderte sich ihre Sprache?
  • Wieviel „Osten“ steckte in ihrer neuen Tätigkeit im „Westen“ (Kontinuitäten, Brüche)?
  • Gab es Unterschiede zwischen Westdeutschland und der DDR im medialen Umgang der Literaturschaffenden mit ihrer neuen Situation, bzw. in ihrer Rezeption durch die neue Umgebung?

Bitte senden Sie Ihr Exposé (ca. 2.500 Zeichen), einen kurzen Lebenslauf mit E-Mail- und Postanschrift (ca. 1.000 Zeichen) bis spätesten 15.12.2021 an die beiden Adressen:

Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut, Hamburg,
Dr. Hans-Ulrich Wagner: h.u.wagner@leibniz-hbi.de

Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa,
Maria Luft: maria.luft@bkge.uni-oldenburg.de

Die Fahrt- und Unterkunftskosten für die wissenschaftlichen Workshop-Teilnehmer*innen werden vorbehaltlich vorhandener Haushaltsmittel erstattet.

Projektpartner

  • Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE), Oldenburg
  • Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut, Hamburg
  • Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv
  • Historische Kommission der ARD
  • Deutsches Kulturforum östliches Europa, Potsdam

RuG 1–2/2021 ist erschienen

Das aktuelle Heft wird diese Woche an alle Mitglieder und Abonnent*innen ausgeliefert. Es ist wieder ein Themenheft und steht unter dem Titel „Rundfunk in der Krise“ – vier Beiträge loten den Zusammenhang zwischen Rundfunk und Krise entlang mehrerer historischer Stationen aus. Freuen Sie sich gemeinsam mit der Redaktion auch auf weitere Beiträge, Gespräche, Rezensionen, Projektskizzen, Berichte und Mitteilungen! Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!

Titelbild: Eduard Zimmermann in der Sendung Aktenzeichen XY … ungelöst. Copyright: ZDF/Renate Schäfer.

RuG 3–4/2020 ist erschienen

Pünktlich vor Weinachten ist die neue Ausgabe von Rundfunk und Geschichte ausgeliefert worden. Alle Mitglieder und Abonnent*innen finden das Heft 3–4/2020 in diesen Tagen im Briefkasten.

Cover der Ausgabe 3–4/2020 von Rundfunk und Geschichte
RuG 3–4/2020. Titelbild: Kabelverlegung der Telekom, 1994. Copyright: Teutopress/Süddeutsche Zeitung Photo

Darin finden Sie unter anderem drei Berichte von Studienkreis-Mitgliedern, die aus ihrem jeweiligen Arbeitsfeld die „Folgen der Disruption“ durch die Corona-Pandemie beschreiben. Diese Berichte sind auch online frei zugänglich: Folgen der Disruption. Worauf wir uns einstellen.

Die Redaktion wünscht Ihnen eine anregende Lektüre!

CfP: Themenausgabe „Rundfunk in der Krise“

Für die Themenausgabe mit dem Arbeitstitel „Rundfunk in der Krise“ der medienhistorischen Zeitschrift „Rundfunk und Geschichte“, die im Juni 2021 erscheinen soll, werden Beiträge im Umfang von etwa 30.000 bis 40.000 Zeichen gesucht.

Der Arbeitstitel „Rundfunk in der Krise“ ist mehrdeutig angelegt. Zum einen spielten und spielen Hörfunk und Fernsehen in Zeiten gesellschaftlicher Krisen eine zentrale Rolle. Krisenberichterstattung ist ein wesentliches Arbeitsfeld des Rundfunks und insbesondere des Fernsehens, ist gar Teil von dessen innerer Logik. Das entspricht offenbar auch dem Selbstverständnis des Rundfunks, der auf Krisensituationen schnell mit Sondersendungen reagiert und dadurch eine Situation zuallererst als Krise markiert (vgl. Dörner & Vogt 2020). Hier erweist sich „Krise“ nicht nur als diskursiver, sondern womöglich auch als funktionaler Begriff, der einer gesellschaftlichen Selbstverständigung dient. Weichart (2006) hat die Rolle des Fernsehens darin beschrieben, dass es „Krisenbewältigungsmechanismen“ in Gang setzt und damit eine wesentliche gesellschaftliche Funktion in Krisenzeiten übernimmt.

Damit ist die vordergründige Aufgabe des Rundfunks, über Krisen zu berichten, bereits überschritten und ihm eine funktionelle Aufgabe in der Krise zugewiesen (vgl. Löffelholz 2004). Das wird auch darin deutlich, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfiehlt, zur Aufrechterhaltung der Kommunikation in Krisensituationen ein von externer Stromversorgung unabhängiges Kurbelradio vorzuhalten – Radio als Medium ist wie die inzwischen verfügbaren Warn-Apps in offizielle Strukturen der Krisenkommunikation fest eingeplant.

In etlichen historischen Beispielen wurde schließlich gezeigt, in welchem Zusammenhang die Kontrolle über den Rundfunk und der Machtanspruch über das zugehörige Territorium gesehen wurde. In den Kriegen und Revolten des 20. Jahrhunderts spielte insbesondere Radio stets eine Rolle, teils in propagandistischer Weise, teils als Medium friedlichen Protests (vgl. Kleinsteuber 2012).

Diese Perspektive lässt sich nun auch so lesen – und das ist eine zweite Dimension des Arbeitstitels „Rundfunk in der Krise“ –, dass der Rundfunk in vielen Fällen durch politische Vereinnahmung selbst in eine Krise geraten sei. Solche Sichtweisen sind oft Ergebnisse nachträglicher Umdeutungen. So war der Rundfunk aus Sicht des Nationalsozialismus Teil einer hochgradig professionalisierten und effektiven Medienmaschinerie; aus der Retrospektive und mit Blick auf die Geschichte des Rundfunks in Deutschland kann diese Zeit zurecht auch als historische Krise des Rundfunks bezeichnet werden.

Dem Rundfunk sind in dessen Geschichte etliche Krisen bescheinigt worden, beispielsweise aktuell die Legitimationskrise des öffentlich-rechtlichen Systems oder eine Relevanz-Krise angesichts zunehmend gleichförmiger und belangloser Dudelfunk-Sender. Tracey (1994) sah in der technologisch ermöglichten Ausweitung des Fernsehangebots einen „Verfall der Idee von öffentlicher Kultur“; er sah die Idee der Kommunikation an sich gefährdet – die Krise des Fernsehens sei also zugleich eine Krise mit gesellschaftlicher Reichweite, eine „Krise des gesellschaftlichen Wertesystems“.

Schließlich lässt sich auch fragen, ob der Begriff „Rundfunk“ an sich längst in eine Krise geraten ist und sich erst noch erweisen wird, ob er die Digitalisierung überlebt – erinnert der Begriff doch an analoge Technologie, an das Funken als Tätigkeit und den Funken, der sich zwischen zwei Elektroden entzündet. „Rundfunk“ oder auch „Broadcasting“ scheinen im Kontext der Sozialen Medien in anderen Begriffen wie zum Beispiel dem Kanal oder Channel aufzugehen, in denen sich das Prinzip „one to many“ durchaus wieder deutlich herausbildet.

Die Zeitschrift Rundfunk und Geschichte sucht Beiträge, die diese vielfältigen Zusammenhänge zwischen Krise und Rundfunk aus historischer Perspektive in den Blick nehmen und idealerweise miteinander verbinden. „Rundfunk“ kann dabei ganz unterschiedlich perspektiviert werden: als journalistisches oder als Unterhaltungangebot, als Programm oder Institution. Beispielhafte Ansätze bieten die folgenden Fragen:

  • Worin besteht und bestand die Rolle des Rundfunks vor, während und nach Krisen oder Krisen–ereignissen?
  • Wie wirken sich globale Krisen auf die ökonomische Situation von Rundfunk aus, und damit auf dessen gesellschaftliche Funktion?
  • In welchem Wechselverhältnis stehen Krisen, über die der Rundfunk berichtet, zu den Krisen, in denen sich Rundfunk selbst befindet?
  • Welchen Anteil an der Deutungshoheit über Krisen hat der Rundfunk?

Denkbar sind Fallanalysen historischer Beispiele ebenso wie Theorieansätze. Auch essayistische Beiträge oder Projektvorstellungen sind erwünscht. Zudem möchten wir ausdrücklich Akademiker*innen aller Qualifikationsstufen ansprechen und zu einer Einreichung einladen.

Bitte senden Sie uns Ihre Vorschläge (ca. 1 Seite) bis zum 15. Dezember 2020 zu:
kiron.patka@uni-tuebingen.de

Sie bekommen noch vor Weihnachten eine Rückmeldung. Die fertigen Beiträge sollen bis zum 15. März 2021 vorliegen. Wir planen anschließend einen Redaktionsprozess von etwa vier Wochen ein.

Das Themenheft wird Ende Juni in gedruckter Form erscheinen. 2 Jahre nach Erscheinen werden die Beiträge zudem in digitaler Form frei veröffentlicht.


Programm zum Medienhistorsichen Forum 2020

6. und 7. November 2020 in Potsdam und via Zoom.
Zoom-Support während der Tagung: Dr. Kiron Patka | kiron.patka@uni-tuebingen.de | 0176 200 155 96

Programm der Tagung. Das Bild ist mit der zugehörigen PDF-Datei verlinkt.

Freitag, 6. November

13:30 Anmeldung und offenes Zoom-Café

14:00 Begrüßung und Vorstellungsrunde

14:45 Panel 1 | Moderation: Gerlinde Frey-Vor

14:45 — Sophia Marina Stiftinger (Erlangen-Nürnberg)
Der Fernsehproduzent als obligatorischer Passagenpunkt. Zugriffe auf den Arbeitsnachlass von Wolfgang Rademann

15:20 — Vera Klocke (Berlin)
Netzwerke und Mediatope: Die Vagheit des Materials Fernsehen innerhalb der häuslichen Sphäre

15:55 — Josefine Honke (Konstanz)
Der Zweite Weltkrieg auf YouTube: Neue Erinnerungsmedien mit alten Inzenierungsmitteln

16:30 Kaffeepause im Breakout-Café

17:15 Panel 2 | Moderation: Erik Koenen

17:15 — Soonim Shin (Wien)
„Kunst, auf die ein Volk blickt, verführt es nicht, sondern erzieht es.“ – Der Bildungserfolg des Volksverbandes für Filmkunst 1928–1930

17:50 — Christina Krakovsky (Wien)
Skandalisierte Kunst. Werte- und Normdebatten in österreichischen Massenmedien von 1968 bis 1988

18:25 — Katharina Müller (Essen)
„Weltschau am Rhein“ – Die PRESSA 1928 in Köln als Ideal übernationaler Verständigung

19:00 Kurze Pause

19:15 Abend-Performance

Frederike Moormann, Angelika Waniek und Dieter Daniels
(mit anschließender Diskussion)
Ein Besuch vor Ort am Originalschauplatz der ersten Radio- sendung. Sechs Überschreibungen — Königs Wusterhausen, Eberswalde, Rethel, Deutsch-Südwestafrika, Washington DC, Schiffbauerdamm Berlin
Moderation: Kai Knörr, Kiron Patka

20:15 Ausklang mit Getränk | Offenes Zoom-Café

Samstag, 7. November

09:30 Panel 3 | Moderation: Elisa Pollack

09:30 — Mandy Tröger, PhD (München)
Die Treuhandanstalt und die Privatisierung der DDR-Presse

10:05 — Daria Gordeeva (München)
Kampffeld Geschichte: Die Konstruktion der Sowjetunion und der DDR im Film

10:40 — Lea Frese-Renner (Potsdam)
Die DDR in den Sozialen Medien. Eine vergleichende Geschichte mediatisierter Praktiken der Erinnerung

11:15 Kaffeepause im Breakout-Café

11:45 Panel 4 | Moderation: Alec Badenoch

11:45 — Anna Pravdyuk (Moskau)
“Places of Memory” in Berlin: Photo Representations and Artistic Practices at the End of the 20th – Beginning of the 21st Century

12:20 — Wanda Schwarze-Wippern (Bremen)
Der Wandel des medienöffentlichen Diskurses über Arbeitslosigkeit im „aktivierenden Sozialstaat“

12:55 Mittagspause | ab 13:30 Zoom-Café

14:30 Panel 5 | Moderation: Kai Knörr

14:30 — Philipp Seuferling (Stockholm)
Von Papierkarteien zu Iris-Scans: Historische Medienpraktiken im Kontext von Flucht und Lagern

15:05 — Christoph Borbach (Halle-Wittenberg)
Delay – eine Mediengeschichte der Verzögerung 1850–1950; Status Quo Dissertationsprojekt

15:40 — Benedikt Merkle (Hagen)
Regelungen des Sinnlichen. Flash-Animation als Ästhetik objektorientierter Programmierung

16:15–16:30 Schlussrunde & Tagungsende


Das Medienhistorische Forum wird veranstaltet vom Studienkreis Rundfunk und Geschichte e.V., der Fachgruppe Kommunikationsgeschichte der DGPuK und dem Nachwuchsforum Kommunikationsgeschichte der Fachgruppe Kommunikationsgeschichte der DGPuK mit Unterstützung durch das Brandenburgische Zentrum für Medienwissenschaften.

Ansprechpartner*innen für Rückfragen:


Programm herunterladen

E.L. wird 75. Ein Loblied

Edgar Lersch

Der Studienkreis Rundfunk und Geschichte gratuliert seinem Ehrenvorsitzenden Prof. Dr. Edgar Lersch zum Geburtstag! | Foto: Uta Tintemann


E.L. – dahinter „verbirgt“ sich in Rundfunk und Geschichte natürlich Edgar Lersch. Man könnte aber auch nach all den Jahren sagen, dass sich Rundfunk und Geschichte in Edgar Lersch „verbirgt“, denn niemand anders als Edgar Lersch hat wohl in den letzten 40 Jahren so intensiv, so beständig, so kenntnisreich und kritisch, so umfassend und – ja auch – fleißig das Schicksal, den Charakter und die Bedeutung dieser einzigen rundfunkgeschichtlichen Zeitschrift im deutschsprachigen Raum bestimmt und mitbestimmt wie eben Edgar Lersch. Und wenn ich schon einmal dabei bin, dann kann ich diese Einschätzung auch ohne Mühen von der Zeitschrift auf die „Organisation“ dahinter ausweiten, auf den Studienkreis Rundfunk und Geschichte. Dazu später mehr.

Jetzt wird Edgar Lersch in diesem Jahr im Oktober 75 Jahre alt, und das ist dann gerade auch rundfunkgeschichtlich interessant, weil vor 75 Jahren mit der ‚Stunde Null‘ die Geschichte des demokratischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks wieder begonnen hat. Wenn sich Edgars Eltern etwas mehr Mühe gemacht hätten, dann könnte der Jubilar eben schon am 3. Juni 1945 um 17.45 Uhr, gleichzeitig mit der Durchsage: „Hier ist Radio Stuttgart, ein Sender der amerikanischen Militärregierung. Wir senden täglich von 11.30 bis 14.00 Uhr und von 18.30 bis 22.00 Uhr auf der Wellenlänge 523 m“, in Ahrweiler das Licht der Welt erblickt haben. So musste er sich aber mit dem 10. Oktober 1945 zufriedengeben, was auch nicht schlecht war, denn da konnte er im Alter von gerade einmal 4 Tagen miterleben, wie am 14. Oktober 1945 das ehemalige Radio Koblenz für die französische Besatzungszone erste Hörfunksendungen ausstrahlte. Edgar Lersch hat im Übrigen – etwas später dann, nämlich 1990 – recherchiert, dass schon am 12. Oktober 1945, also knapp nach seiner Geburt, Radio Stuttgart das erste Hörspiel wieder sendet – „Die Entdeckung Amerikas – Christoph Columbus“. Ob damals in dem beschaulichen Ahrweiler, mitten in den Weinbergen des auslaufenden Ahrtales, jemand wirklich dieses Hörspiel an der Wiege des kleinen Edgar gehört hat – man weiß es nicht. Wahrscheinlich war die Entdeckung der amerikanischen Besatzung und ihrer administrativen Verlautbarungen lebenswichtiger.

Wenn man dem Gedanken von der frühkindlichen Prägung durch Umwelteinflüsse anhängt, dann wäre diese Koinzidenz der Programmereignisse mit dem langsamen Bewusstwerden des Neugeborenen gleichwohl eine Erklärung dafür, dass der Rundfunk und seine Geschichte Edgar Lerschs – wissenschaftliches – Leben dann nicht mehr losgelassen haben.

Trotz solcher rundfunkhistorischen und familiären ‚Umwelteinflüsse‘ war eine solche Karriere als Rundfunkhistoriker allerdings familien- und lebensgeschichtlich nicht von vorne herein programmiert, denn diese medialen Interessen und Kenntnisse haben sich erst auf Umwegen entwickelt. Dazu beigetragen hat vermutlich weniger, dass er nach dem Abitur mit dem Studium der katholischen Theologie begonnen hat, wodurch er – seiner systematischen Neugier folgend – im späteren Leben womöglich in den Archiven das Vatikans verschollen wäre. Zum Glück hat ihn – nach vorhergehenden eigenen Zweifeln –  Irmgard endgültig von einem solchen ‚geistlichen’ (Irr-)Weg abgehalten, mit der er seitdem – und also schon seit langer Zeit – verheiratet ist und mit der er vier Kinder erfolgreich erzogen hat, 1976 Johannes, 1979 Gregor, 1987 Helena und Barbara – vier Kinder! Mein erster akademischer Lehrer, Helmut Kreuzer, selbst ohne Kinder, hat mir – als Vater von drei Kindern – einmal beiläufig, aber respektvoll – in den Kategorien seines Denkens – gesagt: jedes Kind ist wie eine Promotion. Vier Kinder wäre dann, bei Edgar Lersch, Dr. hc. mult., was nicht zu unterschätzen ist!

Nach einigen Semestern Theologie liegt es – pragmatisch – dann für Edgar nahe, in der profanen Laienwelt Studienfächer zu wählen, in denen er Einiges von dem in theologischen Seminaren Gelernten verwerten kann: Philosophie natürlich, Pädagogik sowieso, das gehörte damals zum sogenannten Philosophicum, als Studienfächer aber Geschichte und Religion. Nach dem Abschluss des ersten Staatsexamens absolviert Edgar in Speyer, also in Rheinland-Pfalz und nicht in Baden-Württemberg, sein Referendariat als angehender Studienrat. Eine sehr pragmatische Entscheidung, weil in Rheinland-Pfalz das Referendariat kürzer war. Gleichzeitig und gewiss auch, um nicht auf eine Karriere als Gymnasiallehrer festgelegt zu sein, findet Edgar in dem Osteuropahistoriker Dietrich Geyer, dem damaligen Direktor des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde an der Universität Tübingen, einen Betreuer, der ihm ein interessantes historisches und politisches Thema zur Dissertation anbietet. Mit der anschließenden Promotion über die auswärtige Kulturpolitik der Sowjetunion in den 1920er Jahren und den intensiven Recherchen in den zugänglichen staatlichen Archiven in Moskau (seit dem Archivaufenthalt in Moskau mit umfassenden Russland- und Russisch-Kenntnissen) entdeckt Edgar dann aber auch sein Faible für das Studium der historischen Quellen und deren sorgfältige, systematische Aufbewahrung und Auswertung. Da die damalige Situation an der Universität in Tübingen keine direkten Perspektiven bietet, entschließt er sich zusätzlich zu einer Ausbildung zum höheren Archivdienst.

Das sind dann unbedingt hinreichende Bedingungen, die Edgar Lersch für die Leitung des historischen Archivs des SDR in Stuttgart – ab 1979 – qualifizieren. In dieser Funktion leitet er, auch noch nach dem 1. Oktober 1998, als der Süddeutsche Rundfunk (SDR) in Stuttgart und der Südwestfunk (SWF) in Baden-Baden im neuen Südwestrundfunk (SWR) aufgingen, das historische Archiv (des SDR) und dokumentiert systematisch und ordnet historisch-kritisch in überaus zahlreichen Publikationen die Geschichte der Stuttgarter Institution ein, ihrer Intendanten, Redaktionen und auch die Entwicklung des Programms. Vor und nach seiner Pensionierung 2010 mischt sich Edgar weit über solche Archivarbeiten hinaus immer in die Diskussionen der historischen Wissenschaft ein, er publiziert zur Rundfunkgeschichte, schreibt wissensgesättigte Handbuchartikel und organisiert Forschungsprojekte mit, wobei er sowohl bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Fiktionale Geschichtssendungen im DDR-Fernsehen) als auch bei Landesmedienanstalten (Geschichte im Fernsehen) erfolgreich Projekte beantragt und mit umfangreichen Publikationen abschließt. Eine solche wissenschaftliche Karriere als Historiker muss beinahe natürlich in die Übernahme einer Honorarprofessur für Mediengeschichte und Archivkunde der Medien an der Martin-Luther-Universität in Halle/Saale münden, die Edgar 2001 zusätzlich antritt. Ruh- und rastlos übernimmt er nach Erreichen der Altersgrenze sogar noch Lehraufträge am historischen Institut der Universität Stuttgart, um die vielfältigen Erfahrungen mit den didaktisch aufbereiteten rundfunkhistorischen Materialien, die er in seiner Zeit in Halle hat machen können, an die Studierenden in Stuttgart weiterzugeben.

Man könnte sich jetzt zurecht fragen, ob das nicht schon für ein ausgefülltes Familien- und Berufsleben ausreicht, aber da gibt es ja noch den Studienkreis Rundfunk und Geschichte!

Wenn man eine Volltextsuche in den digital vorliegenden Heften von Rundfunk und Geschichte nach Edgar Lersch vornimmt, dann stellt man fest, dass in 88 dieser 126 Hefte Edgar Lersch genannt wird als Autor, als Moderator von Fachgruppen und Organisator von Tagungen, als Mitglied der Redaktion bzw. des Redaktionsbeirates von RuG, als Vorstandsmitglied und als Vorstand, als Schriftführer des Vereins, als fachlicher Betreuer beim Doktorandenkolloquium, als Vortragender auf Jahrestagungen, als Abgesandter des Studienkreises beim Deutschen Historikertag, als Organisator und Herausgeber der Buchreihe „Buch, Buchhandel und Rundfunk“, als Initiator des Wilhelm-Treue-Stipendiums, als Herausgeber von Jahrbüchern des Studienkreises, als Vorbereiter eines Projektes für den Aufbau des Deutschen Rundfunkarchivs – Ost, als Beisitzer des Vorstands, schließlich – 2013 – als Ehrenvorsitzender. Diese Aufzählung beansprucht nicht, vollständig zu sein!

Edgar Lerschs aktive Mitarbeit im Studienkreis Rundfunk und Geschichte lässt sich – quellenkritisch – dadurch rekonstruieren, dass er zum ersten Mal als Autor im Heft 4/1980 erscheint, mit einem Artikel, der ganz aus dem Leben des jungen Archivars gegriffen ist: „Probleme der Programmarchivierung. Dargestellt an Fragen, die sich beim Aufbau des Aktenarchivs beim Süddeutschen Rundfunk ergeben“ (RuG 4/1980, 214–220). Es lohnt sich sogar, diese frühen Überlegungen genau zu lesen, denn Edgar Lersch argumentiert angesichts einer eher unübersichtlichen Vorlage im vorhandenen Archiv des SDR für die Vorzüge einer Provenienzordnung, und zwar ausdrücklich mit dem Hinweis, dass nur so „unter dem Gesichtspunkt der Benutzung zu historisch-wissenschaftlichen Zwecken“ das Archiv bedeutsam werden könne. Er greift also schon in seiner ersten Stellungnahme in den „Mitteilungen“ einen zentralen Gedanken der bis heute andauernden Diskussion um die wissenschaftliche Nutzung der öffentlich-rechtlichen Medienarchive auf.

Aktenkundig wird Edgar Lersch dann zum zweiten Mal als beratender Teilnehmer am 9. Grünberger Doktoranden-Kolloquium am 2. und 3. Mai 1981 (RuG 3/1981, 143 ff.) – wobei er natürlich später immer wieder an den „berühmten“ Grünberger Kolloquien teilgenommen hat, die 1973 mit einer Anschubfinanzierung durch Friedrich Bender (AEG Telefunken) zum ersten Mal in dieser Sporthochschule in Hessen stattfinden konnte.

Als Fachgruppenleiter „Archive und Dokumentation“ seit 1981 nimmt er früh auch an den Sitzungen des Gründungsvorstandes teil. Das war die Zeit der ersten Generation: Walter Först, Winfried B. Lerg, Friedrich P. Kahlenberg, Wilhelm Treue, Walter Bruch, Harald Heckmann, Wolfgang Hempel … und das war auch die Zeit, in der bei den Vorstandssitzungen selbstverständlich geraucht wurde, was Tabak und Pfeife hergaben, und im Übrigen waren sich die Herren meistens einig. Nicht nur unter dem Qualm hat Edgar gelitten, wenn er an solchen Sitzungen teilnahm – „Außerdem gab es mir zu wenig Kontakt und Austausch mit gleichgerichteten Fachgesellschaften und Wissenschaftseinrichtungen. Doch gegen den vorherrschenden Konsens konnte ich keine Punkte machen“ (RuG 1–2/2019, 43).

Als langjähriger Leiter der Fachgruppe „Archive und Dokumentation“ – von 1981 bis 1996 – berichtet Edgar Lersch dann regelmäßig in RuG über deren Aktivitäten, die er – umtriebig und fruchtbar für alle Seiten – später mit seiner Arbeit (als Geschäftsführer) in der „Historischen Kommission“ von ARD und ZDF (von 1986 – 2010 ) verbinden kann und so einige der „Punkte“ seiner Mängelliste en passant in persona verwirklicht.

Edgar Lersch hat in seiner Notiz zu den „Erinnerungen an 50 Jahre Studienkreis“ (RuG 1–2/2019, 42–44) unter dem Titel „Die denkwürdigen Vorstandswahlen 1991“ geschildert, wie er – eben 1991 – dann plötzlich und unverhofft zum Schriftführer des Studienkreises avanciert ist. Mit dieser „denkwürdigen“ Wahl war für den Studienkreis auch ein Generationenwechsel verbunden. Dieser Generationswechsel hat sich in den folgenden Jahren nach 1991 stabilisiert durch Edgars Mitarbeit im Vorstand – bis 2003, da wurde er nämlich auch für zwei Jahre Vorsitzender des Studienkreises. Die Jahrestagung 2003 im „Haus des Rundfunks“ in Berlin, von diesem Vorsitzenden initiiert, widmete sich höchst innovativ der Frage, welche „Idee“ in unterschiedlichen Nationen in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eigentlich mit der Gründung und Etablierung des öffentlichen Rundfunks verbunden war. In den Beiträgen auf der Tagung und in den anschließend von Edgar Lersch und Helmut Schanze herausgegebenen Jahrbuch Medien und Geschichte des Studienkreises 2004 (Konstanz 2004) rekonstruieren renommierte Rundfunk- und Medienhistoriker, welche „Gründungsmythen“ jeweils wirkmächtig geworden sind, und wie sich diese nationalen Mythen voneinander auch unterscheiden. Diese Publikation des Studienkreises markiert einen wichtigen Anstoß für die komparative Rundfunkforschung und -geschichte.

In Heft 3–4/2010 von RuG kann man die Vorträge nachlesen, die zur Verabschiedung von E.L. in den Ruhestand (als Leiter des historischen Archivs beim SWR) am 18. Oktober 2010 in Stuttgart gehalten worden sind. Unter den Vortragenden waren dann auch solche, die Edgar Lersch in seinem „Studienkreisleben“ als Kollegen und Freunde begleitet haben und begleiten: Konrad Dussel, Michael Crone …, man müsste gewiss auch andere hinzufügen – Ansgar Diller, Heiner Schmitt, Walter Klingler, Rüdiger Steinmetz, Wolfgang Hempel. Alle Nichtgenannten sollten sich auch genannt fühlen, denn so ein Leben im Studienkreis geht auch besonders gut oder überhaupt nur mit – manchmal lebenslangen – Freundschaften einher.

Diese Verabschiedung ist nun schon wieder 10 Jahre her. Inzwischen gehört Edgar jetzt selbst irgendwie zu den „Altvorderen“ als Ehrenvorsitzender des Vereins.

Soviel zur „Institutionengeschichte“ des Studienkreises und meiner Anfangsbemerkung, dass es kaum ein anderes aktives Mitglied gibt, das so ausdauernd, engagiert und mit Geduld Schicksal, Charakter und Bedeutung des Studienkreises beeinflusst hat und beeinflusst wie eben Edgar Lersch. Allerdings: auch weiterhin beeinflusst. Denn eine Würdigung dieser so erfolgreichen Verbindung von E.L. und dem Studienkreis wäre ganz unvollständig, wenn nicht seine beständige kritische Rezensionstätigkeit in den Mitteilungen und dem späteren RuG hier mit in den Blick genommen würde. Einen Band mit den gesammelten Rezensionen zusammenzustellen und herauszugeben, das wäre doch noch ein Projekt. Vielleicht würden das sogar zwei Bände. Warten wir einmal, was wir da noch von E.L. bekommen!

Reinhold Viehoff

ON AIR. Neue Ausstellung zu 100 Jahren Radio im Museum für Kommunikation Berlin eröffnet

Am 1. Oktober ist die Ausstellung „ON AIR. 100 Jahre Radio“ im Berliner Museum für Kommunikation eröffnet worden, die ersten öffentlichen Führungen beginnen in dieser Woche. Moderiert vom Berliner Radiomoderator Jürgen Kuttner fand die Feierlichkeit im Lichthof des einstigen Reichspostmuseums statt – allerdings musste diese coronabedingt mit deutlich weniger Gästen stattfinden. Interessierte konnten sich via Audio-Livestream zuschalten, zudem wurde die Sendung vom Förderverein Sender Königs Wusterhausen auf der europaweit empfangbaren Kurzwellenfrequenz 5980 kHz ausgestrahlt. Tatsächlich bezieht sich die Ausstellung mit ihrem „frühen“ Termin auf jenes „inoffizielle Jubiläum“ des ersten Weihnachtskonzerts, das Postbeamte im Sender Königswusterhausen am 22.12.1920, noch lange vor dem offziellen Programmstart des deutschen Rundfunks, veranstaltet hatten. Die Vorbereitung zur Ausstellung, die in Berlin bis zum 29. August 2021 und anschließend ein Jahr lang im Museum für Kommunikation Frankfurt/Main zu sehen sein wird, begann vor zwei Jahren. Der Studienkreis Rundfunk und Geschichte hat die beiden Kurator*innen Florian Schütz und Anne-Sophie Gutsche inhaltlich unterstützt. Die Zusammenarbeit zwischen Studienkreis und Museum begann kurz nach der Jahrestagung in Baden-Baden. Förderung erhielt das Museum von der Kulturstiftung der Länder, im Rahmen von Kooperationen wird die Ausstellung vom DRA, Deutschlandfunk Kultur und rbb Kultur unterstützt.

Kai Knörr