Call for Papers Jahrestagung 2015: Geschichte(n), Repräsentationen, Fiktionen – Medienarchive als Gedächtnis- und Erinnerungsorte

Call for Papers: Geschichte(n), Repräsentationen, Fiktionen – Medienarchive als Gedächtnis- und Erinnerungsorte

Jahrestagung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte
in Kooperation mit der Zeitschrift Medienimpulse und dem Filmarchiv Austria

Deadline für Einreichungen: 15.12.2014
Termin: 7.-8. Mai 2015
Ort: Neuer Veranstaltungsort: Das Depot, Breite Gasse 2, Wien

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Medienarchive sind Orte, an denen das Wechselverhältnis von Medialität und Historizität durch die Materialität der Archivalien in besonderer Weise deutlich und auch immer wieder problematisiert wird. Einerseits werden historische Filme, Fernsehsendungen, Tonbeiträge und andere Archivalien hier nicht nur konserviert, sondern erforscht und für die Nutzung im Sinne eines „Gestern im Heute“ (Assmann/ Assmann) fruchtbar gemacht. Andererseits ergeben sich aus diesen medialen Repräsentationen des Historischen auch Spannungen – durch (bewusste oder unbewusste) Kanonisierungen, Einseitigkeiten etc., die vor allem im Kontext der Fiktionalisierung von Geschichte in Film, Fernsehen und Radio zutage treten. Mediale Geschichtsschreibung und hier vor allem die fiktionale ist bis heute das Erzählen von Geschichten, auch wenn dies von Historikern kritisiert wurde und wird. Fiktionale Strategien der Historiographie stehen oft in einem spannungsvollen Verhältnis zum dokumentarischen Anspruch der Medienarchive.
Medienarchive sind dabei mehr als Speicher. Im Sinne von Maurice Halbwachs sowie von Jan und Aleida Assmann sind sie nicht nur Gedächtnis-, sondern Erinnerungsorte, die Historisches in die Gegenwart bringen und damit das kulturelle Erinnern maßgeblich prägen. Archive wie Archivarinnen und Archivare haben neben dem Bewahren des Historischen auch die Aufgabe des Erinnerns – sie bringen das Bewahrte in die aktuellen Diskurse ein. Gerade 2014 ist dies in den vielfältigen Rückblicken auf den Ersten Weltkrieg in den verschiedenen Medien wieder augenfällig geworden: gleichsam kanonisierte authentische Bilder aus den Schützengräben vermischen sich in der medialen Repräsentation mit bereits fiktionalisierten Stoffen, beispielsweise aus „Im Westen nichts Neues“ (USA, 1930). Inszenierte Geschichte wird so ex post zur Quelle der Geschichtsschreibung, was vor allem dann problematisch ist, wenn die Fiktionalisierung sich nicht als solche zu erkennen gibt. Gleiches ist für 2015 zu erwarten, wenn sich das Kriegsende (interpretiert als „Kapitulation“ oder „Tag der Befreiung“) zum 70. Mal, wie auch – für Österreich entscheidend – die Unterzeichnung des Staatsvertrages zum 60. Mal jähren. Dazu kommt der 25. Jahrestag der Deutschen Einheit, der ebenfalls einen Schwerpunkt im medialen Erinnern bilden wird. Eingedenk der genannten Tendenzen sind Medienarchive nun in doppelter Weise Erinnerungsorte oder Beobachter von Geschichte: Neben die historischen Quellen an sich tritt die (bereits historische) Repräsentation von Geschichte in der je spezifischen Zeit. Daraus ergibt sich für Archivare und Archivarinnen ebenso wie für alle, die Programme (für Film, Radio oder Fernsehen) erstellen, eine besondere Verantwortung im Umgang mit den Zeugnissen der Geschichte.
Außerdem kommt auch der Dimension des Politischen eine besondere Bedeutung zu, ist doch Geschichtsschreibung – neben den Ansätzen der Oral oder Visual History – weithin primär eine Geschichte der politischen Entscheidungen und der entsprechenden Entscheidungsträger. Auch hier tritt der Doppelcharakter in Erscheinung, zu dem eben auch fiktionalisierte Elemente der politischen Geschichte zur Erinnerungskultur gehören. Politische Utopien, Heterotopien und Dystopien als fiktionale Erzählungen sind Zeugnisse der jeweiligen spezifischen Diskurskultur in ihrer Entstehungszeit und stellen damit Quellen einer medialen Geschichte oder Geschichtsschreibung dar, deren Erschließung und vor allem Erforschung noch nicht in zufriedenstellendem Maße erfolgt ist.

Daraus ergeben sich unter anderem folgende thematische Felder, die die Vorträge in den Blick nehmen sollen:
–          Mediale Umbrüche in der Erzählung von Geschichte (Revision, Inanspruchnahme etc.)
–          Politische Utopien, Heterotypien und Dystopien
–          Medianarchive als Speicher- und Erinnerungsorte (Auseinandersetzung mit dem Archivbegriff)
–          Fiktionalisierung des Historischen – Historisierung medialisierter fiktionaler Geschichte
–          (Medien-)Pädagogische Aspekte in Hinsicht auf Archivzugriff und fiktionalisierter Geschichte

Form der Einreichung
Eingereichte Abstracts sollten maximal 3.000 Zeichen umfassen (exklusive etwaiges Literatur-/ Quellenverzeichnis). Sie können, müssen sich aber nicht direkt auf einen der thematischen Blöcke beziehen, da auch übergreifende Themenfelder für die Tagung gewünscht sind.
Dem Abstract selbst ist ein Deckblatt mit den Daten zur Autorin bzw. zum Autor mitsamt Titel des Vortrages voranzustellen (bitte als zwei separate Dateien einsenden). Im Abstract selbst sollen die Autorinnen und Autoren nicht erkenntlich sein, um ein unabhängiges Review-Verfahren zu ermöglichen.

Deadline für die Einreichung: 15.12.2014
Die Abstracts müssen bis spätestens 15.12.2014 an Veit Scheller, den Schatzmeister des Studienkreises Rundfunk und Geschichte geschickt werden:Scheller.V@zdf.de

Die Vorträge können in Englisch und Deutsch gehalten werden; Konferenzsprache ist Deutsch.

 

 

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