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Medienhistorisches Forum 2020 in Potsdam und Online, Call for Papers

EINREICHUNGSFRIST: 15. SEPTEMBER
TERMIN: 6. / 7. November 2020

Das Medienhistorische Forum des Studienkreises Rundfunk und Geschichte existiert seit 1973 und versteht sich als Plattform, um Nachwuchswissenschaftler*innen mit Forscher*innen verschiedener Disziplinen und insbesondere mit Vertreter*innen aus der Kommunikations- und Mediengeschichte, Rundfunkanstalten und Medienarchiven zu vernetzen. In freundlicher und produktiver Atmosphäre werden Themen der Medien- und Kommunikations-geschichte aus der gesamten Breite des Forschungsfeldes diskutiert. Nachwuchswissenschaftlerinnen laden wir ein, sich mit ihren aktuellen Forschungsprojekten zu bewerben.

Beispielhafte Themenfelder sind…
• Geschichte und Entwicklung von Hörfunk, Fernsehen, Publizistik und Journalistik, Fotografie, Onlinemedien, Musikmedien oder anderen Einzelmedien und Mediengattungen
• Geschichte der Kommunikations- und Medienpolitik: Institutionen, Prozesse, Personen
• Mediatisierung und Medialisierung von Gesellschaft und gesellschaftlichen Teilbereichen
• Medienöffentliche Diskurse und Medienöffentlichkeiten im Wandel
• Vergangene, tradierte und neue Praktiken der Medienproduktion und Medienrezeption
• Geschichte der Rezeptionsforschung, Zuschauerforschung, Sozialforschung der Medienkommunikation
• Forschung zur Technikgeschichte und Materialität der analogen und digitalen Medien
• Einzelanalysen und Fallstudien zu Formaten, Sendungen, Personen
• Innovative Ansätze der Methoden- und Theoriebildung von Kommunikationsgeschichte und Medienkulturwissenschaft (z.B. digitale Methoden, Nostalgie-Konzepte)
• Erinnerungskultur und Medien

Die vorgestellten Papers müssen und sollen keine abgeschlossenen Projekte abbilden; konkrete Projektskizzen sollten aber dennoch vorhanden sein, so dass wir auf hohem Niveau über die Themen, Gegenstände, Quellen, Methoden oder theoretischen Ansätze diskutieren können. Einreichungen in englischer Sprache sind möglich. Das Forum richtet sich insbesondere an Promovierende, an Habilitierende, aber auch an MA-Absolvent*innen, die auf Grundlage ihrer Abschlussarbeit ein Dissertationsthema entwickeln. Der erste Veranstaltungstag wird traditionell mit einem Expert*innenvortrag beschlossen, der Einblicke in Praxisfelder von Medien und aktueller Forschung gibt.

Einreichung und Review-Verfahren
Zur Bewerbung reichen Sie bitte ein Exposé ein, das die Grundlinien des geplanten Vortrages umreißt und zwei Seiten Text (6.000 Zeichen inklusive Leerzeichen, plus Literaturangaben) umfassen soll.

Geben Sie in Ihrem Exposé bitte keine Angaben zu Ihrer Person an, sondern reichen Sie ein zusätzliches Deckblatt mit Ihren Kontaktdaten und dem Titel des Vortrags als einzelne Datei ein.

Senden Sie Ihr Exposé und das Deckblatt bis zum 15. September 2020 an Susanne Hennings (DRA), susanne.hennings@dra.de.
Die Auswahl der Vorträge findet in einem anonymisierten Review-Verfahren durch die Veranstalterinnen statt. Deshalb sollten alle Angaben zur Person nur auf dem Deckblatt des Exposés platziert sein und die Dateien frei von identifizierenden Metadaten. Die Veranstaltung soll in hybrider Form stattfinden. Analoger Veranstaltungsort wird das Brandenburgische Zentrum für Medienwissenschaften (ZeM) in Potsdam sein, soweit das möglich sein wird. In jedem Fall ist aber auch eine digitale Teilnahme möglich.

Veranstalter*innen
Das Medienhistorische Forum wird veranstaltet vom Studienkreis Rundfunk und Geschichte e.V. in Kooperation mit dem Nachwuchsforum Kommunikationsgeschichte der Fachgruppe Kommunikationsgeschichte der DGPuK. Ansprechpartnerinnen für Rückfragen sind Kai Knörr (Studienkreis RuG/Universität Potsdam, knoerr@uni-potsdam.de) und Elisa Pollack (NAKOGE/FU Berlin), elisa.pollack@fu-berlin.de).

Dr. Kai Knörr (Studienkreis Rundfunk und Geschichte)
Dr. Kiron Patka (Studienkreis Rundfunk und Geschichte)
Elisa Pollack und Simon Sax (Sprecherinnen des Nachwuchsforums Kommunikationsgeschichte der DGPuK – NAKOGE)
Dr. Erik Koenen und Dr. Christian Schwarzenegger (Sprecher der Fachgruppe Kommunikationsgeschichte der DGPuK)

Folgen der Disruption. Worauf wir uns einstellen

Aufruf für die RuG-Ausgabe 3–4/2020

Rundfunk und Geschichte möchte den Mitgliedern des Studienkreises ein Forum bieten für den wissenschaftlichen, aber auch für den berufspraktischen Austausch. Unsere Mitglieder setzen sich an unterschiedlichsten Stellen und in verschiedenen Institutionen mit dem Zusammenhang von Rundfunk und Geschichte auseinander. Wir arbeiten in den Rundfunkanstalten und anderen Medienhäusern, in historischen Archiven und Medienarchiven, in Museen und Stiftungen, an Hochschulen und in Forschungsinstituten. Wir forschen, kuratieren, verwalten, wir unterrichten, bilden aus – und noch vieles andere.

Die Bedingungen unseres Handelns wurden wie das gesamte gesellschaftliche Leben in diesem Frühjahr jäh herausgefordert. Wir alle haben die „Corona-Krise“, die Pandemie und die anschließenden Maßnahmen des social distancing in unterschiedlichem Maße als disruptiv erlebt. Unsere Institutionen mussten kurzfristig darauf reagieren – oftmals zu allererst durch die Verstärkung der Digitalisierungsbemühungen. Längst wird aber auch debattiert, wie es mittelfristig und langfristig weitergeht: Aus Reaktionen werden Anpassungen, aus Taktik wird Strategie. Der weitere Verlauf der Pandemie ist derzeit kaum abzusehen.

Dadurch verändern sich zwangsläufig auch die Bedingungen nachhaltig, unter denen rundfunkgeschichtliches Arbeiten vonstatten geht, wie auch die Themen, mit denen wir uns dabei befassen. Für tiefergehende Analysen dieses Prozesses ist es sicherlich zu früh. Aber im Geiste einer Chronistik des Vereins wollen wir in der kommenden Ausgabe von RuG eine erste Dokumentation anlegen und bitten Sie um Ihre Beteiligung. Wir würden gerne wissen, wie und worauf sich Ihre Institution, Ihr Arbeitsbereich, Ihr Tätigkeitsfeld angesichts der disruptiven Erlebnisse der „Corona-Krise“ nun einstellt.

  • Welche Maßnahmen werden getroffen, die Ihre Arbeit mittel- und langfristig verändern werden?
  • Welche Zukunft – welche Zukünfte – bilden die Grundlage für nun in Gang gesetzte Veränderungsprozesse?
  • Welche Konsequenzen für die rundfunkgeschichtliche Arbeit sind aus Ihrer Perspektive abzusehen?

Wir hoffen, dass eine solche erste Dokumentation uns jetzt gegenseitige Einblicke in die aktuellen Herausforderungen unserer Arbeits- und Forschungsfelder geben kann und später als Quelle wertvoll sein wird. Diese Dokumentation soll im „Forum“ der kommenden Ausgabe von RuG abgedruckt und auch auf der Webseite des Studienkreises nachzulesen sein.


Wir freuen uns über Beiträge im Umfang bis maximal 8.000 Zeichen.
Bitte senden Sie uns Ihre Vorschläge möglichst bis zum 20. Juli 2020 zu.
Die fertigen Beiträge sollten bis zum 6. September vorliegen.

Kontakt für Einreichungen und Rückfragen:
Kiron Patka: kiron.patka@uni-tuebingen.de

RuG 1–2/2020 ist erschienen

In diesen Tagen bekommen die Mitglieder des Studienkreises Post: Die neueste Ausgabe von Rundfunk und Geschichte wird derzeit druckfrisch ausgeliefert.

Vielleicht werden Sie überrascht sein. Wir haben es gewagt, eine deutliche visuelle Zäsur vorzunehmen. Ab dieser Ausgabe erscheinen die Hefte in einem anderen, kleineren Format, und sind dafür etwas dicker. Wir denken, dass das Heft so handlicher und dadurch einfacher zu lesen sein wird. Außerdem schließt die Gestaltung damit auch stärker an die heutigen Standards wissenschaftlicher Periodika an. Die Grafikerin Annkatrin Breitenborn hat das neue Layout entwickelt.

RuG 1–2/2020: Objektgeschichten des Rundfunks

Dass bereits auf der Titelseite ein Foto zu sehen ist, stellt ebenfalls ein Novum dar. Das Titelbild der aktuellen Ausgabe stammt von der Medienwissenschaftlerin Elfi Vomberg; es zeigt die Reste des legendären Studios für elektronische Musik in Köln, in dem einst Stockhausen, Pousseur, Ligeti, Krenek und Xenakis gearbeitet haben. Vombergs spannender und höchst aktueller Artikel im Heft geht den heutigen Spuren dieses Studios nach – von einem Keller in Köln-Ossendorf über die offiziellen Archive des WDR bis in die digitale Sphäre hinein.

Dieser Beitrag bettet sich ein in einen Themenschwerpunkt „Objektgeschichten des Rundfunks“, der die insgesamt sieben Hauptbeiträge dieser Ausgabe zusammenfasst. Die Idee zu diesem Themenheft stammt von der Musikwissenschaftlerin Karin Martensen, die als Mitherausgeberin und Autorin maßgeblich an der Ausgabe beteiligt war. Diese gewinnbringende und bereichernde Zusammenarbeit dokumentiert einmal mehr den interdisziplinären Charakter des Studienkreises.

Wir wünschen Ihnen allen eine anregende Lektüre mit der neuen Ausgabe von Rundfunk und Geschichte!

Zum Inhaltsverzeichnis von RuG 1–2/2020

Jahrestagung 2020 wird verschoben

Sehr geehrte Damen und Herren,
vor dem Hintergrund der unabsehbaren Entwicklung der Corona-Pandemie und den daraus bereits entstandenen Folgen für das kulturelle und öffentliche Leben hat der Vorstand des Studienkreises Rundfunk und Geschichte in Absprache mit dem Grimme-Institut entschieden, die geplante Jahrestagung am 04. und 05. Juni 2020 in Marl abzusagen.

Dementsprechend ziehen wir auch den Call for Papers für Fachbeiträge zurück (Ursprüngliche Deadline: 06.04.2020).

Die Entscheidung zur kompletten Absage in diesem Jahr (statt einer Verschiebung in den Herbst) ist uns nicht leicht gefallen, erscheint aber angesichts der Situation vernünftig. Zumal – wie man hoffen kann – größere Fachtagungen und Arbeitstreffen nach dem Ende der Krise in dichter Folge stattfinden werden.

Mit dem Grimme-Institut haben wir vereinbart, in engem Dialog zu bleiben und unsere 50. Jahrestagung im Frühjahr 2021 nachzuholen. Den genauen Termin geben wir Ihnen so bald wie möglich bekannt. Das Thema zur Geschichte und Zukunft von Bildungsmedien und Medienbildung bleibt bestehen und dürfte bis dahin an Brisanz nichts einbüßen. Im Gegenteil: Klassische Plattformen und insbesondere der Rundfunk mit linearen und nichtlinearen Bildungs- und Informationsangeboten werden derzeit besonders gebraucht.

Wir hoffen, dass es uns möglich sein wird, im nächsten Jahr auf die Thematik mit anderen Augen zu schauen und einen produktiven Mehrwert für alle Disziplinen und Professionen zu generieren, die sich unter dem Dach des Studienkreises Rundfunk und Geschichte zum Austausch versammeln. Von der Absage unberührt bleibt bis auf Weiteres unser Medienhistorisches Forum (November 2020).

Im Namen des Vorstands wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben alles Gute.

Dr. Kai Knörr

Call for Papers: RuG-Jahrestagung 2020 in Marl

Fernsehen und Bildung – ein Missverständnis?

Geschichte und Zukunft von Bildungsmedien und Medienbildung

50. Jahrestagung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte
in Kooperation mit dem Grimme-Institut Marl, 4.–5. Juni 2020

Nach 26 Jahren freuen wir uns, wieder zu Gast im Grimme-Institut zu sein und mit unserer 50. Jahrestagung auf ein Thema zu schauen, das in der Luft liegt: auf das Verhältnis von Medien und Bildung. Der Titel „Fernsehen und Bildung“ ist eine Hommage an den Tagungsort und dessen Bedeutung, soll aber auch zu erweiterten Reflexionen über Bildungsdiskurse in der audiovisuellen Kultur, früher und heute, anregen. Wir fragen nach der Geschichte und Zukunft von Bildungsmedien, nach Formaten, Infrastrukturen und Angeboten, nach historischen Erfolgsmodellen und Irrwegen. Uns interessiert, wie digitale Plattformen in Produktion und Distribution die Konzepte von Bildung und Geschichte verändern. Kann die praktische und programmatische Erfahrung und das Selbstverständnis traditioneller Bildungsinstitutionen in neuen technischen Umgebungen bestehen?  Welche Funktion kommt Archiven und audiovisuellem Erbe in digitalen Zeiten zu? Der Rundfunkbegriff bleibt dabei ein Bezugspunkt, um institutionelle und organisatorische Ziele von Bildung und Medienbildung zu beleuchten.

Bezeichnenderweise wurde die technisch-institutionelle Einführung neuer (Programm-)Medien immer wieder mit Bildungsprogrammen begründet: Nach dem ersten Weltkrieg versprach Hans Bredow bei Einführung des Rundfunks die „geistige Not“ der Deutschen durch „drahtlose Belehrung und Unterhaltung“ zu lindern und die Kluft zwischen gesellschaftlichen Gruppen und den Völkern zu schließen. Nach 1945 entstanden öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen als demokratisches Gegengewicht zu den unter der Nazi-Herrschaft diskreditierten, staatlichen Bildungseinrichtungen. Nicht nur medienvermittelte Bildung, sondern Medienbildung rückte eine Generation später ins Blickfeld, als der Volkshochschulverband im Jahr 1973 das Grimme-Institut gründete und damit Medien und medienpolitische Fragen zum Gegenstand der Erwachsenenbildung machte. Qualitativ hochwertige (=bildende?) Programme, Sendungen und Formate werden in Marl schon seit 1964 mit Grimme-Preisen prämiert. Die Tagung soll auch hierzu Hintergrundwissen und Diskussionsstoff bieten. Die Debatten zu Medien und Bildung sind in vollem Gange. Daher sind wir an Zuspitzungen interessiert, aber auch an neuen Versuchen. Richtwert sind 20minütige Vorträge mit anschließender Diskussion. Wir laden Wissenschaftler*innen und Expert*innen aus Geisteswissenschaften, empirischer Forschung, Rundfunkanstalten, Archiven, Bereichen der Medienbildung usw. ein, sich zu beteiligen.

Die Beiträge sollten eine historische Dimension aufweisen und können zu folgenden Aspekten eingereicht werden (Beispiele):

  • Bildende Programme als Public Value im Fernsehen
  • Programm- und Institutionengeschichte des Schulfunks, der III. Programme, Telekolleg etc.
  • Vermittlung von Geschichtsbewusstsein
  • Potenziale des audiovisuellen Erbes in Bildung/Medienbildung
  • Gesellschaftlicher Nutzen des Wissens um (historische) Medienpraxis
  • Absichtliche und unabsichtliche Bildungserfahrungen / Bildungsprogramme vs. Mediengebrauch
  • Bisher unbeleuchtete/unbeachtete Bestände/Quellen zu bildungspolitischen Debatten in Ost und West
  • Medialität und Medienwandel und ihre Auswirkungen auf Bildung
  • Digitalisierung und Wissensvermittlung / Verhältnis zwischen Information, Wissen und Bildung
  • Bildungsauftrag des Rundfunks als Zukunftsperspektive
  • Subtile Formen der Wissensvermittlung in heutigen Fernsehangeboten
  • Kommerzielles Fernsehen und Bildung
  • Streamingdienste und andere audiovisuelle Netzangebote im Bildungskontext
  • Transformation von medialen Bildungsangeboten

Deadline für die Einreichung: 6.4.2020

Einreichungen zu den genannten Fragestellungen richten Sie bitte an Dr. Judith Kretzschmar, Studienkreis Rundfunk und Geschichte, jkretz@uni-leipzig.de.

Eingereichte Abstracts sollten maximal 3.000 Zeichen umfassen (exklusive etwaiges Literatur- oder Quellenverzeichnis). Die Veranstalter*innen entscheiden über die Annahme in einem Review-Verfahren. Rückmeldungen sind bis zum 30.4.2020 zu erwarten. Die Vorträge können auf Deutsch und Englisch gehalten werden; Konferenzsprache ist Deutsch.


Save the Date: 4.-5. Juni Studienkreis Jahrestagung/Annual Conference in Marl


04.-05. Juni 2020

Jahrestagung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte

Grimme-Institut in Marl

Thema: Geschichte, Gegenwart und Zukunft von Bildungsmedien und Medienbildung

wir freuen uns Ihnen den Termin unserer Jahrestagung 2020 mitteilen zu können. Bitte reservieren Sie sich die beiden oben genannten Tage.

Nach 26 Jahren werden wir in diesem Jahr wieder zu Gast im Grimme-Institut in Marl sein und fragen in Fachvorträgen und Diskussionen nach der Geschichte, Gegenwart und Zukunft von Bildungsmedien und Medienbildung.

Weitere Informationen zur Tagung inkl. der Anmeldemöglichkeit finden Sie in Kürze hier auf rundfunkundgeschichte.de.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und anregende Gespräche in Marl!

***

Annual Conference of the Studienkreis Rundfunk und Geschichte June 4-5 2020

Theme: Past, Present and Future of Educational Media and Media Education

We are pleased to announce the dates of our 2020 annual conference: please save both these dates in your calendar.

After 26 years, we will be hosted once more by the
Grimme Institute in Marl to explore the past present and future of educational media and media in education.

Watch this space for more information – we hope to see you there!

CfA: Themenheft „Objektgeschichten des Rundfunks“

Rundfunk und Geschichte
Themenheft „Objektgeschichten des Rundfunks“

Jahrgang 46, Nr. 1–2 (erscheint im Juni 2020) 

Call for Articles 

Im Anschluss an die in den letzten Jahren verstärkt sichtbar gewordene Hinwendung zum Materiellen möchte die Zeitschrift Rundfunk und Geschichte im Sommer 2020 ein Heft zur „Objektgeschichte des Rundfunks“ herausgeben. Bereits 2018 hat der Studienkreis Rundfunk und Geschichte eine Jahrestagung unter das Thema „Materialitäten“ gestellt. 2019 stand das Thema „Medien-Materialitäten“ im Mittelpunkt der Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft in Köln. Beide Tagungen sowie verschiedene in letzter Zeit entstandene Publikationen¹ zeigen, dass materialitätsbezogene Ansätze Konjunktur haben. Man kann sogar sagen, dass durch diese Schwerpunktsetzungen wichtige und bislang vernachlässigte Aspekte der Mediengeschichtsschreibung in den Vordergrund gerückt wurden, die bisherige Narrative ergänzen oder gar in Frage stellen. 

Diese Überlegungen und Ansätze möchten wir mit einem Themenheft vertiefen. Für die im Juni 2020 erscheinende Ausgabe suchen wir daher nach Beiträgen, die eine Objektgeschichte des Rundfunks beleuchten. Dabei geht es keineswegs darum, Kulturgeschichte durch Technikgeschichte zu ersetzen. Schon gar nicht soll der Begriff „Objekt“ auf Technik oder Technologie beschränkt bleiben. Ganz im Gegenteil soll es der Ansatz ermöglichen, den bestehenden Erzählungen von technischen Erfindungen und ihren Erfindern (selten: Erfinderinnen) Alternativen entgegenzusetzen. Dieses Potenzial besitzen beispielsweise solche Ansätze, die Interaktionen und Netzwerke in den Blick nehmen und dabei die Analyse medialer Artefakte im Kontext produzierender, rezipierender und benutzender Menschen vornehmen. Weiterhin können Zusammenhänge zwischen dem Rundfunk und seinen medialen Ökologien bislang wenig beachtete Forschungsfelder freilegen; so ist beispielsweise bis heute wenig untersucht worden, inwieweit die Technologien und Architekturen der Radioproduktion sich in Abhängigkeit von und in Abgrenzung zu denen der (kommerziellen) Musikproduktion entwickelt haben. Für die im Rundfunk von Anfang an zentralen Medienarchive wiederum ist eine Verschränkung von archivierten und archivierenden Medien kennzeichnend. Dieser sonst nirgendwo anzutreffende, ganz eigene Materialismus macht diese Institutionen zu Reflektoren einer Objektgeschichte des Rundfunks par excellence

Wir freuen uns also über Einreichungen, die aus einer materialitätsgeschichtlichen Perspektive auf den Rundfunk blicken und somit auch Dokumente und Akten nicht als Informationsträger, sondern als materielle Objekte in den Blick nehmen. Ein Fokus kann beispielsweise auf folgende Aspekte gelegt werden: 

  • Ton- oder Fernsehstudios und Schnitträume
  • ihre Ausstattungen und Anordnungen
  • Funkhäuser und Architekturen
  • Speichermedien
  • Dokumente und Akten
  • Produktionsequipment, Mikrofone, Kameras, Computersysteme
  • Heimgeräte, häusliche Medienausstattung
  • Merchandising- und Fanartikel
  • u.v.m.

Wir hoffen, auf diese Weise alternative Rundfunkgeschichte(n) erzählen zu können. Hierfür interessieren wir uns für Forschungsberichte und -notizen, für Artefaktanalysen und Objektbeschreibungen, für Essays oder auch Interviews in unterschiedlichem Umfang (bis maximal 40.000 Zeichen). 

Bitte reichen Sie Abstracts im Umfang von max. einer Seite bis zum 1. Januar 2020 per Email ein. Der weitere Zeitplan: 

  • Rückmeldungen über die Annahme: bis 10. Januar 2020
  • Einreichung erste Fassung des Textes: spätestens 29. Februar 2020
  • Überarbeitungsphase: bis 31. März

Kontakt für Einreichungen und Rückfragen: kiron.patka@uni-tuebingen.de und karin.martensen@tu-berlin.de


1 Vgl. etwa die Themenausgabe von Zeithistorische Forschung 13 (2016), Nr. 3, „Der Wert der Dinge“, darin insbesondere das Editorial von Simone Derix, Benno Gammerl, Christiane Reinecke und Nina Verheyen: „Der Wert der Dinge: Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Materialitäten“ sowie den Essay von Stefanie Samida: „Materielle Kultur und dann? Kulturwissenschaftliche Anmerkungen zu einem aktuellen Trend in der Zeitgeschichtsforschung“; vgl. außerdem: Stefanie Samida u.a. (Hg.): Handbuch Materielle Kultur. Bedeutungen, Konzepte, Disziplinen, Stuttgart 2014; Gottfried Korff: „Dimensionen der Dingbetrachtung. Versuch einer museumskundlichen Sichtung“, in: Andreas Hartmann u.a. (Hg.): Die Macht der Dinge. Symbolische Kommunikation und kulturelles Handeln, Münster 2011, S. 11–26; Manfred Lueger und Ulrike Froschauer: „Artefaktanalyse“, in: Leila Akremi u.a. (Hg.): Handbuch Interpretativ forschen, Weinheim 2018, S. 775ff; Tarleton Gillespie u.a. (Hg.): Media Technologies. Essays on Communication, Materiality, and Society, Cambridge/ London 2013; Andreas Fickers: „Hands-on! Plädoyer für eine experimentelle Medienarchäologie“, in: Technikgeschichte 82 (2015), Nr. 1, S. 67–86. 


Noch freie Plätze im Medienhistorischen Forum! Frist verlängert bis 15.10.2019

Zur Teilnahme am diesjährigen Medienhistorischen Forum des Studienkreises RuG am 08./09. November in Lutherstadt Wittenberg sind noch Plätze zu vergeben! Interessierte können sich mit ihren Forschungsvorhaben und medienhistorischen Projektideen noch bis zum 15.10.2019 bewerben! Weitere Infos und Kontaktangaben entnehmen Sie bitte dem Call for Papers unter: https://rundfunkundgeschichte.de/call-for-papers-medienhistorisches-forum-2019-in-lutherstadt-wittenberg-08-09-11-2019/

Call for Papers: Medienhistorisches Forum 2019 in Lutherstadt Wittenberg, 08.-09.11.2019

Das Medienhistorische Forum des Studienkreises Rundfunk und Geschichte existiert seit 1973 und versteht sich als Plattform, um Nachwuchswissenschaftler*innen mit Forscher*innen verschiedener Disziplinen und insbesondere mit Vertreter*innen aus der Kommunikations- und Mediengeschichte, Rundfunkanstalten und Medienarchiven zu vernetzen. In freundlicher und produktiver Atmosphäre werden Themen der Medien- und Kommunikationsgeschichte aus der gesamten Breite des Forschungsfeldes diskutiert. Nachwuchswissenschaftler*innen laden wir ein, sich mit ihren aktuellen Forschungsprojekten zu bewerben.

Beispielhafte Themenfelder

  • Geschichte und Entwicklung von Hörfunk, Fernsehen, Publizistik und Journalistik, Fotografie, Onlinemedien, Musikmedien oder anderen Einzelmedien und Mediengattungen
  • Geschichte der Kommunikations- und Medienpolitik: Institutionen, Prozesse, Personen
  • Mediatisierung und Medialisierung von Gesellschaft und gesellschaftlichen Teilbereichen
  • Medienöffentliche Diskurse und Medienöffentlichkeiten im Wandel
  • Vergangene, tradierte und neue Praktiken der Medienproduktion und Medienrezeption
  • Geschichte der Rezeptionsforschung, Zuschauerforschung, Sozialforschung der Medienkommunikation
  • Forschung zur Technikgeschichte und Materialität der analogen und digitalen Medien
  • Einzelanalysen und Fallstudien zu Formaten, Sendungen, Personen
  • Innovative Ansätze der Methoden- und Theoriebildung von Kommunikationsgeschichte und Medienkulturwissenschaft (z.B. digitale Methoden, Nostalgie-Konzepte)
  • Erinnerungskultur und Medien

Die vorgestellten Papers müssen und sollen keine abgeschlossenen Projekte abbilden; konkrete Projektskizzen sollten aber dennoch vorhanden sein, so dass wir auf hohem Niveau über die Themen, Gegenstände, Quellen, Methoden oder theoretischen Ansätze diskutieren können. Einreichungen in englischer Sprache sind möglich. Das Forum richtet sich insbesondere an Promovierende, an Habilitierende, aber auch an MA-Absolvent*innen, die auf Grundlage ihrer Abschlussarbeit ein Dissertationsthema entwickeln. Der erste Veranstaltungstag wird traditionell mit einem Expert*innenvortrag beschlossen, der Einblicke in Praxisfelder von Medien und aktueller Forschung gibt.

Die Auswahl der Vorträge findet in einem anonymisierten Review-Verfahren durch die Veranstalter*innen statt. Deshalb sollten alle Angaben zur Person nur auf dem Deckblatt des Exposés platziert sein und die Dateien frei von identifizierenden Metadaten. Teilnehmer*innen können nach Vorlage ihrer Tickets eine Reisekostenerstattung von bis zu 100 Euro beantragen. Es besteht die Möglichkeit einer preiswerten Übernachtung im Einzelzimmer (Du, WC) direkt am Tagungsort Leucorea Wittenberg für 35 Euro.

Einreichung und Review-Verfahren

Zur Bewerbung reichen Sie bitte ein Exposé ein, das die Grundlinien des geplanten Vortrages umreißt und zwei Seiten Text (6.000 Zeichen inklusive Leerzeichen, plus Literaturangaben) umfassen soll. Geben Sie in Ihrem Exposé bitte keine Angaben zu Ihrer Person an, sondern reichen Sie ein zusätzliches Deckblatt mit Ihren Kontaktdaten und dem Titel des Vortrags als einzelne Datei ein. Senden Sie Ihr Exposé und das Deckblatt bis zum 15. Oktober 2019 an
Dr. Judith Kretzschmar, Studienkreis Rundfunk und Geschichte, jkretz@uni-leipzig.de

Veranstalter*innen

Das Medienhistorische Forum wird veranstaltet vom Studienkreis Rundfunk und Geschichte e.V. in Kooperation mit dem Nachwuchsforum Kommunikationsgeschichte der Fachgruppe Kommunikationsgeschichte der DGPuK sowie der AG Auditive Kultur und Sound Studies der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM). Ansprechpartner*innen für Rückfragen sind Dr. Kai Knörr (Studienkreis RuG/Universität Potsdam, knoerr@uni-potsdam.de), Dr. Erik Koenen (NAKOGE/Universität Bremen), ekoenen@uni-bremen.de) sowie Dr. Anna Schürmer (Institut für Medien- und Kulturwissenschaft, HHU Düsseldorf, Anna.Schuermer@hhu.de).

Dr. Kai Knörr (Studienkreis Rundfunk und Geschichte)
Dr. Erik Koenen und Christina Sanko (Sprecher*innen des Nachwuchsforums Kommunikationsgeschichte der DGPuK – NAKOGE)
Dr. Thomas Birkner und Dr. Christian Schwarzenegger (Sprecher der Fachgruppe Kommunikationsgeschichte der DGPuK)
Dr. Anna Schürmer (AG Auditive Kultur und Sound Studies der GfM)
Dr. Kiron Patka (Studienkreis Rundfunk und Geschichte / AG Auditive Kultur und Sound Studies der GfM)


Bericht zur 49. Jahrestagung

Translation – Übertragung – Transmission. Übersetzungsleistungen des Rundfunks in historischer und aktueller Perspektive

Die 49. Jahrestagung des Studienkreises Rundfunk und Geschichte in Kooperation mit dem Südwestrundfunk und ARTE in Baden-Baden | Strasbourg am 13. und 14. Juni 2019

Ein Bericht von Uwe Breitenborn 

Der Studienkreis konnte zur Jahrestagung im 50. Jahr seines Bestehens den SWR und ARTE als Kooperationspartner gewinnen, was der Veranstaltung eine hervorragende Ausgangslage bescherte. Der Südwestrundfunk und ganz besonders ARTE stehen für Programmangebote, die in einem hohen Maße Übersetzungsleistungen anbieten, um ihre Angebote für ein Publikum verstehbar und attraktiv zu machen. Welche Bedeutungen sind übertragbar, bei welchen gelingt das nicht? Wo entstehen im Vorgang der Medienvermittlung neue Kontexte? Wer spricht für wen und inwiefern können Übersetzungen zur Verstärkung von Stimmen oder zu deren Verstummen beitragen? Welche Sprachen und kommunikativen Formen dienen den Übertragungen? Mit einer Keynote und 10 Fachvorträgen versuchte die Konferenz in Baden-Baden und Straßburg, Antworten auf diese Fragen zu geben.

Nach der ordentlichen Mitgliederversammlung wurden die Teilnehmer durch den frisch gewählten Vorsitzenden des Studienkreises Kai Knörr sowie von Gerold Hug, dem Programmdirektor Kultur, Wissen, Junge Formate des SWR begrüßt. Letzterer betonte hinsichtlich des Tagungsthemas, dass auch beim SWR viel Neues geschaffen werde, um den Anforderungen heutiger Mediennutzungen gerecht zu werden. Themen stünden zunehmend stärker im Vordergrund, hingegen verlören die klassischen Ausspielwege zunehmend an Bedeutung. Die Keynote zur Tagung hielt der Übersetzer und Vorsitzende der Kurt-Tucholsky-Gesellschaft Ian King aus London. Er bezeichnete sich als Brückenbauer, als ein Vermittler zwischen den Kulturen. Übersetzungen benötigen immer Kontext. Übersetzer und Übersetzerinnen haben, so King, keine Berechtigung, aus moralischen Gründen das Original zu verändern. Er erläuterte diese These an teils „abenteuerlichen“ Übersetzungen von Thomas Manns „Buddenbrooks“ ins Englische durch Helen Tracy Lowe-Porter, die ihren englischen Lesern beispielsweise beim Begriff „St. Pauli“ lediglich die Assoziation einer Kirche zugestand.Mit einem sarkastischen Seitenblick auf das Brexit-Drama zog Ian King ein lakonisches Fazit: Wenn dir eine Übersetzung sinnlos erscheine, dann sei sie falsch. Auch Tucholsky, so King, galt als scharfer Kritiker mangelhafter Übersetzungsleistungen und ihrer Folgen. Das passte also sehr gut als Auftakt.

Das erste Panel trug den Titel „Das Rumoren der Archive“und wurde von Alexander Badenoch (Utrecht) moderiert. Dafür konnten unter anderem zwei Teilnehmer gewonnen werden, die bereits am Medienhistorischen Forum des Studienkreises teilgenommen hatten. Stephan Summers (Mainz)und Valentin Bardet (Paris) widmeten sich zwei rundfunkhistorischen Themen.Ersterer beleuchtete das Bild der US-Besatzer im Nachkriegsdeutschland im Radio. Als Basis diente ihm unter anderem eine Analyse des Agendasettings in Rundfunkzeitschriften nach 1945 („Radiospiegel“). Um die USA als Kulturnation zu präsentieren, wurden zum Beispiel Analogien zwischen Abraham Lincoln und Richard Wagner hergestellt und massiv am Image der USA als befreundeter Kulturnation gearbeitet. Allerdings wurde die Idee, die (E-)Musikprogramme beispielsweise mit Jazz zu internationalisieren, von der deutschen Musikkritik zum Teil bizarr interpretiert. Ein ähnliches Thema bediente Valentin Bardet, der sich der Musik als politischer Sprache zuwendete und über Musiktransfer und französische Musikpolitik im besetzten Deutschland (1945-1955) referierte. Das Konzept „Sortie de guerre“ ist hierbei ein Ansatz, das Ende eines Krieges als Prozess zu verstehen, in dem die gesamte Gesellschaft involviert wird. Dies schafft Möglichkeiten für kulturelle Übersetzungsleistungen aber auch für Neuanfänge. Mit Rabea Limbachs (SWR) Beitrag wurde ein praxisorientierter Brückenschlag zwischen Programmgeschichte und digitaler Gegenwart vollzogen.Sie stellte in einer Art Werkstattbericht das SWR-Projekt „Audiovisuelles Kulturerbe: Online-Zugang zu den Archiven“ vor, bei dem ab Oktober 2019 bis zu 8.000 sogenannte Fernsehessenzen aus den fünfziger und sechziger Jahren über den SWR-Channel in der ARD-Mediathek zu sehen sein werden. Verantwortlich dafür ist die Hauptabteilung Information Dokumentation und Archive (IDA). Erwartungsgemäß ist das natürlich hochkomplex und hat zudem Pilotcharakter. Die Präsentation stieß auf ein reges Interesse. Rabea Limbach schilderte zahlreiche Übersetzungsleistungen, die das IDA-Team erbringen muss. Das beginnt bei den juristischen Rahmenbedingen und der simplen Frage, wer bei diesen historischen audiovisuellen Dokumenten noch Rechte geltend machen kann. Technische und kommunikative Fragen sind ebenso im Fokus des Teams. Stichwortartig seien genannt: Bestandsauswahl, Kuratierung von Metadaten, Digitalisierung von Formaten für die Streaming-Server, Übersetzung des normierten Vokabulars der Datenbanken für eine Streamingnutzung. Der Studienkreis Rundfunk und Geschichte hält dieses vielversprechende Pilotprojekt für unterstützenswert und formulierte zum Tagungsende auch eine Stellungnahme (Audio-visuelles Kulturgut ins Internet!). Das Öffnen der Archive ist zunehmend ein wichtiger Aspekt zur Legitimierung der öffentlich-rechtlichen Medien.

Das zweite Panel fokussierte Übersetzungskulturen im „Künstlerischen Wort“ und wurde von Golo Föllmer (Berlin) moderiert. Los ging’s mit Hans-Ulrich Wagner vom Hamburger Leibniz-Institut für Medienforschung|Hans-Bredow-Institut, der anhand der Features „Der 29. Januar“ (NWDR 1947) und „The 29th of January“ (BBC 1948) Translationsprozesse in einem internationalen Vergleich beleuchtete. Wagner will damit einen Beitrag zu den so genannten Entangled Media Histories leisten. Mit Verweis auf die Genome-Datenbank der BBC konstatierte er, dass die BBC-Fassung die deutschen Tendenzen zur „Selbstviktimisierung“ in der Ernst-Schnabel-Vorlage ausbremste und dieser eine eigene Haltung entgegensetzte. In einer außerordentlich unterhaltsamen Art und Weise stellte der SWR-Redakteur Michael Lissekdas „Nischenprodukt“ Radioessay (SWR 2) vor. Radio sei ein „poetischer Apparat“, so Lissek. Aber zugleich gäbe es im Hörspiel- und Featurebereich starke Bezüge von Radio und Hörsaal. Die „Dissemination des Akademischen im Radioessay“ erfordere in der Regel eine Übersetzung von Schwerverständlichkeit in Leichtverständlichkeit unter der Bedingung der für das Radio geltenden Regel des erst- bzw. einmaligen Hörens. Oft gehe es im akademischen Raum mehr um Distinktion als um Kommunikation, stellte Lissek fest. Die tradierte akademische Kommunikation geschehe in Texten, deren Performance kaum hinterfragt würde. Was wiederum hat das Radio als rein akustisches Medium mit Schreiben und Lesen zu tun? Im Radio werden Texte zu akustischen Ereignissen, was Michael Lissek so zusammenfasste: „Ich sende kein Wort. Ich sende Klang.“ Wenn der sogenannte driveway moment eintrete, dann funktioniere für ihn das Medium. Ähnlich unterhaltsam trat der SWR-Redakteur Walter Filz mit seiner kritischen Analyse der Paradoxien des Voiceovers als gängiger Praxis im Umgang mit fremdsprachigen O-Tönen im Hörfunk auf. Niemand habe sich, im Gegensatz zur Synchronisation beim Film, hier bisher gründlich mit historischen Entwicklungen beschäftigt. Wann hat die Praxis des Voiceover angefangen? Welche kulturellen Hegemonialstrategien verbergen sich dahinter? In einem akustisch anekdotischen Panorama präsentierte Walter Filz Perlen der Voiceover-Geschichte, die von einer 1947er „Wochenschau“ („Einweihung des Senders in Koblenz“), über Orson Welles, „Wie geht’s Kuba?“, „Israel Zangwill – Ein Ghettoträumer“ von Ruth Fruchtmann, dem „Bosnienblues“, Dylan Thomas, Comedians in Afrika bis hin zu Missionsstationen in Ecuador reichten. Letztlich gehe er als Radiomacher immer von der „Einheit des Hörraums“ aus. In Sachen Voiceover gäbe es dazu aber keine guten, sondern nur „nicht ganz so schlechte“ Antworten. Wenn man was nicht machen könne, kann man’s wenigstens thematisieren, so sein Fazit, das als Appell an eine reflektiertere Praxis und Forschung zu verstehen war.

Zu den guten Traditionen der Jahrestagungen zählen die, inzwischen mit einem leichten Augenzwinkern, so genannten „Kamingespräche“. Das diesjährige fand vor dem Hintergrund des 50-jährigen Bestehens des Studienkreises Rundfunk und Geschichte als „Kaminrunde“ unter akustisch perfekten Bedingungen und in einem gemütlichen Ambiente im “Friedrich-Bischoff-Hörspielstudio“ des SWR statt. Moderiert von Christian Schurig und Kai Knörr hatten auf dem Podium Wolfgang Hempel, Christoph Classen, Gerlinde Frey-Vor und Rüdiger Steinmetz Platz genommen. Zunächst drehte sich der Talk um die „Geburt“ des Studienkreises. Hier war insbesondere Gründungsmitglied Wolfgang Hempel gefragt, der unter anderem das damalige Verhältnis des neuen Vereins zu den öffentlich-rechtlichen Anstalten reflektierte. Die Motivation der damaligen Protagonisten lag vor allem im Bewusstmachen der Bedeutung von Rundfunkgeschichte (vulgo: Unternehmensgeschichte der Sender) als kulturelles Erbe der Gesellschaft, das es zu bewahren, kuratieren und erforschen gilt. Gleichzeitig war der Studienkreis auch ein Forum für junge Wissenschaftler, die allgemeiner die Geschichte der elektronischen Medien als eigene Forschungsdisziplin etablieren wollten. Bemerkenswert war ein zweiter, breit diskutierter Punkt: die Forderung nach einer kritischen Neubewertung der Umbrüche von 1989/90 in der DDR und der Nachwendezeit. Rüdiger Steinmetz konstatierte eine problematische Ignoranz gegenüber dem audiovisuellen Erbe der DDR, was Gerlinde Frey-Vor bestätigte. Christoph Classensah die Zukunft des Studienkreises darin, Digitalisierungsprozesse, die Geschichte der digitalen Medien, die Zugänglichkeit des audiovisuellen Erbes in den Archiven und gut funktionierende Darstellungsformate für Bildung und Wissenschaft stärker in den Blick zu nehmen. Zudem sollte das Profil der Zeitschrift „Rundfunk und Geschichte“ geschärft werden.

Der zweite Konferenztag (14. Juni) stand ganz im Zeichen des Fernsehens. Ein Panel zu „Fernseh-Übersetzungen“ startete unter Moderation von Judith Kretzschmar (Leipzig). Gerlinde Frey-Vor vom MDR zeigte am Beispiel der britischen Langzeitfernsehserie „Coronation Street“ (seit 1960), wie ein Format in eine andere Fernsehkultur übersetzt wurde und wird. Hans W. Geißendörfers „Lindenstraße“ (seit 1985) sei von dieser Serie inspiriert gewesen und gelte als deutsche Adaption des britischen Formates. Monika Weiß (Heidelberg) fokussierte so genannte „Living-History-Formate“ und ihre Bedeutung bei der Vermittlung von kulturhistorischen Themen. Als Beispiele wurden „The 1900 House“ (Channel 4, 1999), „Frontier House“ (PBS 2002) und „Schwarzwaldhaus 1902“ (SWR 2002) eingebracht. Translationsleistungen sind hier hinsichtlich Alltagsgeschichte, Regionalität und nationaler Verortung des Fernsehens zu finden.

Den Abschluss der Tagung bildete eine Tagungsexkursion nach Strasbourgzu ARTE. Nach einer sehr ansprechenden Führung durch die Nachrichtenredaktion und Fernsehstudiosstellte Nicolas Beckers, Abteilungsleiter des Sprachendienstes bei ARTE, die linguistische Arbeit im Sender vor. Seine Abteilung sorgt nicht nur dafür, dass das Programm zweisprachig funktioniert, sondern dass ARTE auch die Bildung einer europäischen Öffentlichkeit voranbringt. Voraussetzung hierfür sind Formate, die online gleichzeitig in Sprachen wie Englisch, Spanisch, Polnisch und Italienisch verfügbar sind. ARTE versteht dies explizit als eine Weiterentwicklung seines Programms für ganz Europa. Neue NMT-Technologien (NMT: Neural Machine Translation) können die Arbeit beschleunigen, aber für Nicolas Beckers besteht kein Zweifel, dass der menschliche Faktor für gelungene Übersetzungen unersetzlich bleibt. Abschließend präsentierteder Programmverantwortliche und Leitende Redakteur der Hauptabteilung Wissen|Connaissance Peter Gottschalk zwei Produktionen aus seiner Redaktion, die die aufwendigen Translationsprozesse der ARTE-Formate gut veranschaulichten. Es handelte sich dabei um„Der Krieg, die Träume, unsere Sprachen“ (2018) und „Das kurze, mutige Leben des Herschel Grünspan“ (2008). Beide erweitern den Horizont einer neuen, transnationalen Geschichtsschreibung, indem sie aus einem Mosaik individueller Perspektiven zu einem gesamteuropäischen Panorama kommen.

Was bleibt von dieser Tagung? Ein nachdenkliches und vitales Miteinander im Studienkreis Rundfunk und Geschichte. Das Bewusstsein und der Wunsch, die Bedeutung der Rundfunkhistorie für Gesellschaftsanalysen wachzuhalten. In Baden-Baden ist dies gelungen. Nicht nur dem frisch gewählten Vorstand war wieder einmal die Freude über diesen Erfolg anzumerken. Angekündigt wurde übrigens auch, dass die 50. Jahrestagung 2020 beim Grimme-Institut in Marl stattfinden soll. Ebenfalls ein medienhistorisch bedeutender und daher vielversprechender Ort.

Neuer Vorstand des Studienkreises gewählt
Die ordentliche Mitgliederversammlung wählte am 13. Juni 2019 den neuen Vorstand des Studienkreises. Insgesamt waren 23 stimmberechtigte Mitglieder auf der Tagung anwesend. Als neuer Vorsitzender fungiert Dr. Kai Knörr (Potsdam). Der Studienkreis dankte Prof. Dr. Alexander Badenoch (Utrecht) herzlich für seine zweijährige Tätigkeit als Vorsitzender, in der der Verein trotz teilweise schwieriger Bedingungen gut Kurs hielt und stabilisiert werden konnte. Als neue Stellvertreter wurden Dr. Judith Kretzschmar(Leipzig) und Dr. Kiron Patka (Tübingen) gewählt. Schatzmeister bleibt Dr. Veit Scheller (ZDF Mainz), als Schriftführer wurde Dr. Uwe Breitenborn(Berlin) wiedergewählt. Dem neu gewählten Vorstand gehören weiterhin PD Dr. Golo Föllmer (Berlin), Christian Schurig (Stuttgart), PD Dr. Gerlinde Frey-Vor (MDR Leipzig) und Dr. Christoph Classen (ZZF Potsdam) sowie als Vertreterin des DRA Susanne Hennings an. Kassenprüfer sind erneut Prof. Dr. Michael Crone (Frankfurt) und Dr. Heiner Schmitt (Ingelheim). Als kooptierte Mitglieder des Vorstandes wurden noch auf der Sitzung Dr. Hans Ulrich Wagner (Hamburg) und Prof. Dr. Alexander Badenoch benannt.