Medienhistorisches Kolloquium

Lutherstadt Wittenberg, 13./14. November 2015

Viele Nachwuchswissenschaftler widmen sich wieder der Rundfunkgeschichte. – Ein erfreuliches Ergebnis des diesjährigen medienhistorischen Kolloquiums für Nachwuchswissenschaftler, das in bewährter Weise vom Studienkreis Rundfunk und Geschichte zusammen mit dem Nachwuchsforum Kommunikationsgeschichte der DGPuK (NAKOGE) ausgerichtet und von der Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA) unterstützt wurde.

Hier präsentierten sich beispielsweise einige junge Wissenschaftler, die sich nicht mit Internet und Multimedia, sondern mit der nationalen und internationalen Hörfunkgeschichte auseinandersetzen. Philipp Mittnik (PH Wien) befasst sich mit der Hörfunkprogrammgestaltung in Österreich (Radio Wien und Reichssender) in den Jahren 1937 und 1938 und will die These widerlegen, dass ausschließlich Unterhaltungsmusik in das Radioprogramm genommen wurde.

In einem für viele exotischen Bereich bewegt sich Kristina Offterdinger (Freiburg) offenbar problemlos. Ihr Thema: „Radio Majak“ – Identitätsstiftung und soziale Differenzierung durch Radio in der sowjetischen nachstalinistischen Gesellschaft, 1964 bis 1991″. Sie konnte anschaulich vorführen, dass dieses Programm mit Sendungen wie „Naiti tschelowek“ den Kontakt zum Hörer suchte. Pia Deutsch (Warwick) untersucht dagegen Deutschlands nationales Radio 1988-1995 unter dem Obertitel „Die (Neu)Verhandlung deutscher Identität“ (siehe Dissertationsprojekte in Ausgabe 1-2/2016).

Andere widmen sich Film und Fernsehen. So Andre Dechert (Augsburg), der in einem Postdoc-Projekt „Die Amerikanisierung des ARD-Gemeinschaftsprogramms“ erforscht. Der Werbefilm im Österreichischen Fernsehen ist Dissertationsgegenstand von Mario Keller (Wien) unter dem Aspekt „Nationalisierender Emotionen“. Aline Maldener (Saarbrücken) wählte als ihr umfangreiches Dissertationsthema: „Transnationalität populärer Jugendkultur. Jugendmedien in der Bundesrepublik Deutschland, in Großbritannien und Frankreich, 1964 – 1981“ und stellte erste Analyseergebnisse vor.

Ein ganz anderes Thema greift Mike Meißner (Fribourg) auf. Er kam von Leipzig in die Schweiz und fragte sich wohl, warum es dort keine Publikationen über Public Relations im eigenen Land gibt. Thema: „Die Erkenntnis ist ernüchternd. Public Relations in der Schweiz. Eine Forschungsskizze“.

Bei den letzten beiden Projekte steht das Leben und Wirken einzelner Personen im Mittelpunkt: Dr. Julia Scholz (Leipzig) skizzierte ein Postdoc-Forschungsprojekt zur „Paul Kohner Agency“, die Ende der 1930er Jahre in den USA eine Anlaufstelle für jüdische Emigranten im Filmgeschäft wurde. Dennis Basaldella (Hamburg) präsentierte sein Promotionsvorhaben zu Horst Klein, der als freier Filmemacher in der DDR tätig war. Klein führte über Jahrzehnte hinweg ein minutiöses Tagebuch über sein Leben und Schaffen – diese Quellen sind alle erhalten und es gilt, sie wissenschaftlich auszuwerten.

In der Abschlussdiskussion dankten die Teilnehmer/innen den Ausrichtern des Forums, das sie als große Chance sahen, sich „über die Fachgrenzen hinweg“ austauschen und vernetzen zu können. Die Möglichkeit, offen auch über mögliche Probleme der eigenen Arbeit zu sprechen, wurde besonders hervorgehoben. Sie wünschten sich, dass das Forum auch in den nächsten Jahren weiter besteht und ihnen, vielleicht mit einem Postdoc-Projekt, wieder eine Plattform bieten könnte.

Autorin: Margarete Keilacker / Mitarbeit: Tom Leonhardt

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