Medienhistorisches Forum, 18. bis 19. Oktober 2013 in Lutherstadt Wittenberg

Irgendwie erinnerte das diesjährige medienhistorische Forum, das nun schon seit einigen Jahren von der Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA) zuverlässig gefördert wird, an das „Häuflein der sieben Aufrechten“. Nach Absage einer Teilnehmerin trafen sich dann sogar nur noch sechs Nachwuchswissenschaftler mit weit mehr beratenden Wissenschaftlern und Organisatoren aus dem Studienkreis Rundfunk und Geschichte und dem Nachwuchsnetzwerk der DGPuK, Nakoge. Dennoch kann die Runde als gelungen bezeichnet werden. Die Teilnehmer fanden den relativ intimen Kreis, verbunden mit einer längeren Vortrags- und Diskussionszeit besonders ansprechend. Auch das breit gefächerte inhaltliche Spektrum wurde als anregend gesehen.

Simon Lienig (Köln) entführte zunächst ins Mittelalter. Seine Dissertation befaßt sich mit dem Straßburger Gesandtschaftswesen. In Wittenberg stellte er Überlegungen zu Kommunikationsformen und „Medien“ städtischer Diplomatie im späten Mittelalter vor, wofür er Gesandtenberichte auswertete.  Anschaulich  wurde insbesondere, wieviel Mühe man sich damals schon geben mußte, um die Inhalte bei der Überbringung per Boten geheim halten zu können. Der stark theorielastige Vortrag von Johannes Geng (Mainz) ließ die Zuhörer hingegen zumeist verwirrt zurück. Er untersucht die sich wandelnden Beziehungen zwischen Wahrnehmung und Filmtechnologie. Seine Hauptthese, dass sich die Wahrnehmung von Filmen im jeweiligen zeitlichen und kulturellen Umfeld verändert, ist ja durchaus nachzuvollziehen, die Bezeichnung „Sensorische Regimes in der Filmgeschichte“ erschien denn aber doch problematisch.

Michael Annegarn (Braunschweig) befasst sich in seiner Dissertation mit dem Lehrfilm 1919 bis 1939. Probleme dabei sind u.a.: Die Schulen sträubten sich zunächst gegen diese Form Unterrichtsmaterial; es gab lange keine Definition für dieses Medium; und für die Nitrofilme sind keine Kopien zu bekommen.  Alexander Stark (Trier) hat es da besser. Er wertete für seine Magisterarbeit erstmals den Nachlaß von Elisabeth Wilms im Stadtarchiv Dortmund aus. Sie hatte nach dem Zweiten Weltkrieg die Zustände im zerstörten Dortmund zu Spendenzwecken dokumentiert. Hoffentlich ließ er sich vom Forum darin bestärken, seine Forschungen zu einer Dissertation weiter zu führen.

Viel Diskussionsstoff lieferte Bettina Wodianka (Basel), die sich mit „Intermedialen Strategien im Hörspiel der Gegenwart“ befaßt.  (Sie wird ihr Projekt im nächsten RuG-Heft vorstellen.)  Im Unterschied dazu versetzte uns Andre Dechert (Münster) anschaulich in die US-amerikanische Fernsehgeschichte. Aus seinem Dissertationsprojekt „Vaterschafts- und Familiendarstellung in amerikanischen Fernsehserien“ stellte er Ergebnisse zur Rezeption der „Cosby Show“ vor.

Und, warum hatten sich so wenige angemeldet? In der Abschlussdiskussion gab es zwei Antworten: Ja, die Medien-(Rundfunk-)Historie ist wenig gefragt gegenüber neuen Medienentwicklungen, alles muss sich jetzt – wohl auch um gefördert zu werden – um Internet, Multimedia, Facebook etc. drehen. Aber auch: Nicht alle Promovierenden bekommen üppige Stipendien. Da könnten die Kosten schon  von einer Bewerbung abgeschreckt haben, zumal die Bewerber nicht erfahren hatten, dass der Studienkreis einen Teil der Fahrtkosten übernimmt. Ziemlich übereinstimmend kamen die Forums-Teilnehmer zu dem Vorschlag, künftig die Struktur der Vorträge zu ändern, da aus dem Präsentierten oft nicht hervorging, in welchem Verhältnis der Teilaspekt zum Gesamtprojekt stand.

Dr. Sebastian Pfau, der das Kolloquim nun elf Jahre verdienstvoll organisiert hat, wurde vom Vorsitzenden des Studienkreises, PD Dr. Golo Föllmer, verabschiedet. Künftig wird diese Aufgabe Tom Leonhardt (ebenfalls von der LMU Halle-Wittenberg) übernehmen. Er hatte den Forumsteilnehmern auch das Radiolab, ein innovatives US-Format, vorgestellt.
Margarete Keilacker

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