Die Geschichte des Fernsehdokumentarismus in der Bundesrepublik Deutschland.

Forschungsdefizite und Forschungstrends. Ein Überblick.

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Die fundierte, wissenschaftlich umfassende Betrachtung des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus steht noch aus. Besonders bedauerlich: Es fehlt an einer geschlossenen Aufarbeitung seiner historischen Entwicklung. Dies zeigt sich an der eher geringen Zahl von Publikationen. Dies demonstrieren auch die spezifischen inhaltlichen Schwerpunktsetzungen.   Die Felder, auf die sich Forschung konzentrierte, sollen im Folgenden – durchaus exemplarisch – deutlich gemacht werden. Der Überblick beschränkt sich auf die u.E. relevante Literatur, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Im Rahmen der Gesamtschau sollen insbesondere aktuelle Tendenzen und fortwährende Defizite beschrieben werden.   Diese Fassung des Aufsatzes weicht leicht von der im Druck erschienen Fassung ab. 

Einleitung

Die fundierte, wissenschaftlich umfassende Betrachtung des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus steht noch aus.Besonders bedauerlich: Es fehlt an einer geschlossenen Aufarbeitung seiner historischen Entwicklung. Dies zeigt sich an der eher geringen Zahl von Publikationen. Dies demonstrieren auch die spezifischen inhaltlichen Schwerpunktsetzungen.

Die Felder, auf die sich Forschung konzentrierte, sollen im Folgenden – durchaus exemplarisch – deutlich gemacht werden. Der Überblick beschränkt sich auf die u.E. relevante Literatur, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Im Rahmen der Gesamtschau sollen insbesondere aktuelle Tendenzen und fortwährende Defizite beschrieben werden.

Vorweg sei angemerkt: Den – eklatanten! – Defiziten trägt derzeit ein Forschungsprojekt Rechnung, das die Autoren in Angriff genommen und bereits weit vorangetrieben haben. Es trägt den Titel Wegmarken des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus. Fernsehgeschichtliche Einordnungen: Richtungsweisende Autoren – Stilbildende Schulen. In einem ersten Schritt gilt das Projekt der differenzierten Betrachtung der Hamburger Schulen. Dabei setzt der Plural ein kennzeichnendes Signal. In der einschlägigen Literatur ist bislang undifferenziert von der Hamburger Schule die Rede – eine geradezu typische Pauschalisierung – und ein Indikator für die erwähnte Vernachlässigung des Forschungskomplexes.1

1) Studien zur übergreifenden
Programmgeschichte
2

Die Programmgeschichte des DDR-Fernsehens (einschließlich der dokumentarischen Formen) ist bereits in beachtlichen Teilen aufgearbeitet worden. Hier sind vor allem die Arbeiten der Forschergruppe Programmgeschichte des DDR-Fernsehens – komparativ zu nennen (siehe z.B. Steinmetz/Prase 2002, Prase 2006, Schwab 2007). Im Gegensatz dazu mangelt es an weitergehenden Arbeiten zur Programmgeschichte des bundesdeutschen Fernsehens. Die grundlegenden Untersuchungen, die im Umkreis des Sonderforschungsbereichs 240 Ästhetik, Pragmatik und Geschichte der Bildschirmmedien entstanden sind, stammen aus den 1990er Jahren (Kreuzer/Thomsen 1993/1994, Hickethier 1998). Peter Zimmermanns längeres Kapitel „Geschichte von Dokumentarfilm und Reportage von der Adenauer-Ära bis zur Gegenwart“ (1994) – publiziert in der fünfbändigen Geschichte des Fernsehens in der Bundesrepublik Deutschland – ist bislang immer noch die einzig nennenswerte Überblicksdarstellung zur historischen Entwicklung des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus. Sie bleibt kursorisch. Zimmermann nennt zwar wichtige Autoren und Werke, unterzieht sie aber keiner analytischen Betrachtung. Nur in geringem Maße geht er auf die Entwicklung unterschiedlicher dokumentarischer Formen und ihre jeweiligen Spezifika ein. Er legt keine Traditionslinien offen. Die Produktionen werden – wenn überhaupt – nur ansatzweise im zeitgenössischen und historischen Programmkontext verortet.

Seit dieser „Gegenwart“ sind nunmehr siebzehn Jahre vergangen. Diese Zeitspanne brachte im Fernsehdokumentarismus wesentliche Weiterentwicklungen (z.B. beim DokuDrama) und neue Formen (Beispiele dazu unten in Punkt 6). Nicht zuletzt ist die Zeit seit 1994 maßgeblich von herausragenden Autoren und ihren Produktionen geprägt worden. Man denke nur an: Eric Friedler (Das Schweigen der Quandts [2007; zus. mit Barbara Siebert], Aghet – Ein Völkermord [2010]), Michael Heuer (Mißtraue der Idylle: Aus dem Emigrantenleben eines AIDS-Kranken [1996], Tod auf dem Hochsitz. Ein Arbeitsleben in Deutschland [2010]), Raymond Ley (Eichmanns Ende – Liebe, Verrat, Tod [2010]), Hartmut Schoen (Trilogie der vergangenen Träume [1990], Jenseits der Schattengrenze [1994]), Klaus Stern (Andreas Baader – Der Staatsfeind [2002], Gestatten Bestatter [2005]) – und an die Reihe Das rote Quadrat (2000-2003), die höchsten Ansprüchen gerecht wurde (genannt seien hier Georg M. Hafner und Esther Schapira).

Eine angemessene wissenschaftliche Würdigung/Einordnung dieser innovativen und investigativen Autoren steht noch aus. Die jüngere (Programm-)Geschichte des Fernsehdokumentarismus ist allenfalls oberflächlich konturiert.

2) Studien zur geschichtlichen
Entwicklung des
Fernsehdokumentarismus

Die Reihe Close Up (hrsg. vom Haus des Dokumentarfilms) präsentiert zweifelsohne Publikationen von zentraler Wichtigkeit. Dazu gehören einige Tagungsbände, die sich mit der Geschichte und/oder der aktuellen Situation des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus beschäftigen (Zimmermann 1992; Heller/Zimmermann 1995; Ertel/Zimmermann 1996; Feil 2003; Zimmermann/Hoffmann 2006). Viele der darin enthaltenen Aufsätze sind allerdings Selbstzeugnisse von Autoren/Regisseuren (z.B. Roman Brodman, Dieter Ertel, Hans-Dieter Grabe, Georg Stefan Troller, Klaus Wildenhahn) und Redakteuren (z.B. Rainer C. M. Wagner). Diese Beiträge sind nicht frei von Selbstdarstellung und daher quellenkritisch zu behandeln. – Dieser Vorbehalt ist auch für andere Bände zu formulieren: die von Heinz-Bernd Heller und Peter Zimmermann herausgegebene Publikation zum Dokumentarfilm im Fernsehen (1990) und den von Rüdiger Steinmetz und Helfried Spitra veröffentlichten Sammelband zur Stuttgarter Schule (1989; ebenfalls in Fokussierung auf das Teilfeld Stuttgarter Schule schreibt Hoffmann 1996).

Die Defizite sind beträchtlich: Prägende Schulen sind unzulänglich aufgearbeitet. – Die Vielfalt an dokumentarischen Darstellungsformen, Methoden, Ansätzen etc. ist nicht hinreichend wissenschaftlich erfasst und betrachtet. – Es mangelt an Veröffentlichungen, die über (selbst)gefällige Darstellungen hinausgehen und eine tiefergehende, kritisch reflektierende Auseinandersetzung mit der Geschichte des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus suchen. – Umfassende und einordnende Werkanalysen verdienter, schulbildender Autoren fehlen. – Zu so wichtigen Formen wie dem DokuDrama oder dem Interviewdokumentarismus liegen bislang keine deutschsprachigen Monographien vor.

Diese schlechte Literaturlage ist nicht unwesentlich bedingt durch Schwierigkeiten beim Quellenzugang. Wünschenswert ist der freiere und kostengünstigere Zugang zu Archiven, um den Blick auf die reichhaltige Geschichte des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus weiter zu öffnen.

Weitere Kritikpunkte: Wissenschaftlich wahrgenommen werden eher die jeweiligen aktuellen Markttendenzen und die Konjunktur bestimmter Formen/Formate (siehe z.B. Feil 2003, diverse jüngere Examensarbeiten). – Die Aufmerksamkeit konzentriert sich auf eine überschaubare Zahl kanonisierter Produktionen (wie z.B. Roman Brodmanns Polizeistaatsbesuch [1967] oder Guido Knopps Reihe Hitlers Helfer [1996]). – Immer wieder neu tradierte Gewichtungen führen zu Fehleinschätzungen. – Erfolgreiche Formate werden zur Innovation erklärt, ohne Vorläuferformen und inspirierende Verbindungen zu sehen.

Die Aufarbeitung geschichtlicher Entwicklungen ist immer noch ein Forschungsdesiderat. – Die Dinge greifen derweil fatal ineinander: Es fehlt der solide, detailreiche Überblick als verlässliche Basis weiterführender wissenschaftlicher Auseinandersetzung. So kommt es mangels grundlegender Orientierung zu Veröffentlichungen, denen Kenntnis-Reichtum abzusprechen ist.

Durchaus gut gemeinte Näherungsversuche enden mit bedauerlichen Defiziten. Dies sei an drei aktuellen Publikationen deutlich gemacht.

Beispiel 1

Eva-Maria Jerutka verspricht mit ihrer Arbeit Von Dokumentarfilm und Reportage zur Doku-Soap (2010) eine Untersuchung der Entwicklung dieser non-fiktionalen Genres von der Entstehung bis zum heutigen TV-Angebot (so der Untertitel ihrer Untersuchung). Doch der historische Überblick über die Entwicklung der jeweiligen dokumentarischen Formen ist mehr als nur lückenhaft. Jerutka skizziert die Geschichte des Kino-Dokumentarfilms nur bis in die 1960er Jahre. Die Entwicklungsgeschichte der Fernsehreportage handelt sie gar nicht ab. In dem Kapitel über „Non-fiktion im frühen TV“ machtder historische Überblick gerade mal 5 Seiten aus. Er gilt ausschließlich den 1960er/1970er Jahren und den Filmen Klaus Wildenhahns, Georg Stefan Trollers, Eberhard Fechners.

Die Arbeit wird dem eingangs formulierten Anspruch nicht gerecht. Sie präsentiert lediglich die Entwicklung der Doku-Soap seit den 1990er Jahren, die Produktionspraxis von Reportagen und Doku-Soaps, die Ergebnisse einer Online-Befragung zur Doku-Soap (von100 Personen) sowie eine vergleichende Analyse von drei Produktionen. Dieser analytische Teil widmet sich jeweils nur einer (!) Folge der Doku-Soaps Auf und Davon (VOX), Wir sind viele! (Kabel Eins) und Focus TV Reportage (Pro Sieben). Die letztgenannte Folge soll als Beispiel einer aktuellen Reportage dienen. Aus der Beschreibung und Analyse ergibt sich jedoch, dass es sich bei der Produktion um ein Feature mit Reportage-Elementen handelt – und nicht um eine reine Reportage.

Die Defizite dieser Arbeit sind exemplarisch, aber nicht erschöpfend abgehandelt. Das gilt auch für die folgenden beiden Beispiele.

Beispiel 2

André Hellemeier (2010) befasst sich ebenfalls mit dem Forschungsthema Doku-Soaps. Seine Studie setzt mit dem vielversprechenden Obertitel Dokumentarisches Fernsehen in Deutschland falsche Signale. Es folgt keine entsprechende Überblicksarbeit. – Der Untertitel suggeriert einen merkwürdigen Vergleich: Doku-Soaps im Vergleich mit öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten.

Hellemeiers Vergleich der Doku-Soaps von öffentlich-rechtlichen und privatwirtschaftlich organisierten Rundfunkanstalten wird – wie bei Jerutka – historisch dürftig eingeleitet. Das Kapitel über die „Geschichte des dokumentarischen Fernsehens in Deutschland“ (gemeint ist lediglich die Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung) fällt mit nur 15 Seiten knapp aus. Dabei wird die Geschichte des Dokumentarfilms auf gerade einmal 3 Seiten abgehandelt. Die übrigen Unterkapitel sind ebenfalls recht kurz gehalten. Wie Jerutka verfolgt auch Hellemeier die Entwicklung des Fernsehdokumentarismus nicht ausreichend. Er skizziert sie nur bis in die frühen 1960er Jahre.

Bei stilbildenden Schulen und richtungsweisenden Autoren gibt es krasse Defizite. Die Zweite Hamburger Schule3 um Egon Monk findet keinerlei Erwähnung. Roman Brodmann, einer der wichtigsten Vertreter der Stuttgarter Schule wird nicht einmal genannt. So immens wichtige Autoren der 1970er Jahre wie Klaus Wildenhahn, Eberhard Fechner, Erika Runge und Hans-Dieter Grabe sucht man vergeblich.

Hellemeier greift in seinem dünnen historischen Abriss zudem auf retrospektive Publikationen arrivierter Fernsehautoren zurück, ohne diese Texte quellenkritisch zu diskutieren. Positionen der Sekundärliteratur übernimmt er, ohne sie zu hinterfragen. Vor allem überprüft er sie nicht an den Produktionen.

Ein Fokus der Arbeit liegt auf der Differenzierung verschiedener dokumentarischer Darstellungsformen (Kapitel 3). Hellemeier bezeichnet sie unreflektiert als klassische bzw. hybride Formate. Der Formatbegriff wird dabei nicht näher definiert. – Insgesamt fällt die ahistorische, unkundige Betrachtung der Darstellungsformen auf. So wurde in den 1950er Jahren bei Weitem nicht „alles Dokumentarische unter dem Begriff Feature zusammengefasst“ (Hellemeier 2010: 20). Schon damals gab es durchaus Versuche von Begriffsdifferenzierungen, wenn sie freilich auch nicht immer zu trennscharfen Ergebnissen führten: So wurden Dokumentarbericht, dokumentarische Problemsendung, Fernsehfolge, Reportage unterschieden. Die Liste ließe sich fortsetzen. Zudem wurde das Feature in den 1950er Jahren als eine hybride Darstellungsform begriffen, in der auch fiktive Elemente enthalten sind.4

Ein weiterer Mangel des Kapitels 3: Relevante Sekundärliteratur findet keine Berücksichtigung – insbesondere auch die englischsprachige. Die wenigen genutzten Quellen werden zudem nicht kritisch reflektiert. So ist bspw. Max Rehbeins Verständnis des DokuDramas nicht mit dem aktuellen Begriffsverständnis zu vergleichen. Er bezieht sich mit dem Begriff auf eine ganz andere Form des dokumentarischen Arbeitens. Damit aber ist das DokuDrama (so wie man den Begriff im deutschsprachigen Raum allgemein versteht5) entgegen Hellemeiers Einschätzung nicht „die älteste Form der hybriden Formate“ (2010: 32). Vielmehr entwickelte sich das DokuDrama in den 1980er Jahren aus innovativen Ansätzen des Dokumentar- und Fernsehspiels der 1960er und 1970er Jahre (vgl. Hißnauer 2010a/2011b).

Beispiel 3

Michael Strompen (o.J. [2008]) beschäftigt sich in Eine wahre Erfolgsstory? mit der Authentizität moderner TV-Dokumentationsformate. Er möchte die Authentisierungsstrategien im aktuellen Fernsehdokumentarismus herausarbeiten. In einem ausführlichen Kapitel setzt er sich mit dem „(Fernseh-)Dokumentarismus in Deutschland“ (11-73) auseinander. Es ist in einen geschichtlichen Teil und einen aktuellen Überblick gegliedert. Dem ersten Block gibt Strompenden Titel „Geschichte – eine Debatte“. Er kaschiert mühsam seine mangelnde Kenntnis des entsprechenden Fernsehmaterials. Offenkundig hat er viele Beispiele aus der Fernsehgeschichte nicht gesehen. So kann er zitierte Positionen kaum kritisch – auf dem Hintergrund diverser Sendungen – hinterfragen.

Aber auch als historischer Abriss der Debatten zum Dokumentarfilm im Fernsehenrespektive zum Fernsehdokumentarismus überzeugt dieses Kapitel in keiner Weise. Denn: Strompen greift in der Regel nicht auf zeitgenössische Texte, sondern auf rückblickende Selbstbeschreibungen zurück – oder auf fernsehgeschichtliche Beiträge (vor allem aus den 1990er Jahren). Er rekonstruiert somit nicht die entsprechenden Auseinandersetzungen, sondern lediglich ihre nachträgliche Darstellung. Dabeifällt sehr negativ auf, dass er dieses Material nicht quellenkritisch auswertet.

Die fernsehhistorischen Einordnungen Strompens sind zumindest ungenau. So kann man nicht behaupten, dass das direct cinema zu einer Abkehr vom Interviewdokumentarismus geführt habe (vgl. o.J. [2008]: 20). Beide Richtungen haben sich vielmehr parallel entwickelt. Klaus Wildenhahn, der für die Adaption des direct cinema im bundesdeutschen Fernsehen steht, und Eberhard Fechner, der neben Hans-Dieter Grabe als der wichtigste Vertreter des Interviewdokumentarismus gelten muss, sind zur Zweiten Hamburger Schule6zu zählen. Ihre breiter rezipierten Filme – der Vierteiler Emden geht nach USA (Wildenhahn 1976) und der Zweiteiler Comedian Harmonists (Fechner 1977) – kamen in geringem zeitlichen Abstand ins Programm (vgl. Hißnauer 2007a).

Auch an anderen Stellen finden sich bei Strompen fragwürdige Zuordnungen: So wird aus Heinrich Breloer ein Vertreter des Essayfilms und des Dokumentarspiels, obwohl er fernsehgeschichtlich vor allem als einer derprägenden Vertreter des DokuDramas zu sehenist.

Strompen vertritt die fernsehgeschichtliche Ausgangshypothese, dass „Authentizität nicht mehr nur durch Unmittelbarkeitsästhetik erreicht werden kann, sondern auch durch fiktionalisierte Hybridformen“ (o.J. [2008]: 120, Herv.CH/BS). Das ist historisch betrachtet nicht stimmig: Diese Unmittelbarkeitsästhetik gibt es erst seit den 1960er Jahren. Sie wurde mit der Kreation und Adaption des direct cinema stilbildend. Schon zuvor gab es jedoch eine lange dokumentarische Tradition, die darauf zielte, mit anderen Mitteln Authentizitätseffekte zu erreichen – gerade auch durch hybride Darstellungsformen (vgl. Hißnauer 2010a/2011b; Lersch 2006/2008/2009; Steinle 2009/2010). Besonders (zeit-)historische Dokumentationen können in der Regel gar nicht mit einer solchen Unmittelbarkeitsästhetik arbeiten – oder müssen sie in re-enactments simulieren. Unmittelbarkeitsästhetik und historische Dokumentation schließen sich also gegenseitig aus. Daher kann man nicht verallgemeinernd behaupten, dass das direct cinema „über Jahre Grundlage dokumentarischer Authentisierungsstrategien“ war (Strompen o.J. [2008]: 140). Dennoch scheint Strompen immer wieder den „unbeteiligten Beobachter“ (o.J. [2008]: 122) als Idealvorstellung des Fernsehdokumentaristen zu imaginieren und zu kultivieren. Die ‚neuen’ oder ‚modernen’ „Formate“ [sic!] bezeichnet er gar als einen Befreiungsschlag gegen die Lehre des direct cinema, obwohl deren Dogmen schon seit dem Ende der 1970er Jahre im Fernsehalltag nur noch eine unbedeutende Rolle spielten.

Die drei hier vorgestellten jüngeren fernsehhistorischen Veröffentlichungen sind in erster Linie Dokumente einer lücken- und fehlerhaften Betrachtung. Anders ausgedrückt: Sie bedingen ein entschiedenes Plädoyer für eine tiefer gehende, reflektierte fernsehgeschichtliche Betrachtung.

3) Autorenzentrierte Werkanalysen

Zu einigen – wenigen – Autoren liegen autorenzentrierte Werkanalysen vor: Eberhard Fechner (Netenjakob 1989, Emmelius 1996), Hans-Dieter Grabe (Frank 2005; Witzke 2006), Klaus Wildenhahn (Netenjakob 1984), Roman Brodmann (Böhm 2000 [Online]) und Georg Stefan Troller (allerdings nur als Aufsatzsammlung; Marschall/Witzke 1999). Sie sind entweder als Werkgeschichte angelegt (Netenjakob 1984/1989) oder haben das Ziel, die spezifische dokumentarische Methode darzustellen (Emmelius 1996; Frank 2005) – bzw. einzelne Aspekte des Werks (Marschall/Witzke 1999).

Netenjakobs Bücher und der Band von Witzke basieren stark auf Interviews mit den betreffenden Autoren. Bei Netenjakob wird es dabei zum Teil sehr anekdotisch. Er lässt analytischer Distanz vermissen.

Witze und Netenjakob präsentieren dasjeweilige Werk vornehmlich als bloße Abfolge von Filmen– mit einer kurzen Beschreibung. Sie thematisieren kaum übergreifende werkbezogene Aspekte.

Emmelius (1996) und Frank (2005) haben hingegen ausgesprochen filmanalytische Arbeiten vorgelegt. Der Fokus liegt auf der detaillierten strukturellen und filmästhetischen Untersuchung ausgewählter Filme.

Emmelius beschränkt sich auf den kleinen Korpus von nur 3 dokumentarischen Arbeiten Fechners. Seine Fernsehspiele berücksichtigt sie nicht. Sie erwähnt sie nicht einmal. – Dabei ist ein Großteil der Fernsehspiele Fechners wegen des fallbezogen recherchierten und/oder biographischen Hintergrunds auch aus dokumentarischer Perspektive zu diskutieren – unter der Überschrift fiktionalisierter Dokumentarismus.

Frank analysiert immerhin 12 Filme Grabes. Er verliert sich aber – wie Emmelius – in detaillierten Einzelanalysen, die er in recht loser Folge aneinanderreiht. Er sucht keine Querverweise/Verbindungen zwischen den analysierten Filmen und anderen Arbeiten. Entsprechend fehlt es an einem Werksüberblick, der Entwicklungslinien wie Brüche aufzeigt bzw. aufarbeitet. – Frauke Böhm (2000) fokussiert solche „Stilwandlungen“ (3) in ihrer Werkmonographie zu Roman Brodmann dagegen sehr überzeugend.

Die Einordnung Grabes und Fechners in einen (fernseh-)historischen und/oder einen dokumentarfilmtheoretischen Zusammenhang fehlt bislang völlig. Die isolierte Betrachtung einzelner Werke geht an einer Bestimmung des fernsehgeschichtlichen Stellenwerts der Autoren vorbei. Dies ist ein besonders gravierendes Forschungsdefizit. Schließlich handelt es sich hier um die beiden herausragenden Protagonisten des (bundes)deutschen Interviewdokumentarismus. So bleiben zentrale Fragen bislang ohne Antwort: In welchem Maße waren Fechner und Grabe innovativ? Sind ihre Produktionen typische Beispiele für eine bestimmte Art des dokumentarischen Arbeitens oder herausragende Einzelfälle? Welchen Einfluss hatten ihre Filmeauf die Entwicklung des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus? – Und nicht zuletzt: Ist ihre Arbeit mit Zeitzeugen und Zeitzeugnissen von geschichtswissenschaftlicher Relevanz? (Siehe dazu unten Punkt 5.)

4) Themenzentrierte Analysen

Ein auffälliger Trend zeigt sich im Interesse an themenzentrierten Analysen. Ein besonderer Schwerpunkt: Studien zur Darstellung des Nationalsozialismus. Genannt seien hier exemplarisch: Christoph Classens Bilder der Vergangenheit. Die Zeit des Nationalsozialismus im Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland 1955-1965 (1999) und Christiane Fritsches Vergangenheitsbewältigung im Fernsehen. Westdeutsche Filme über den Nationalsozialismus in den 1950er und 60er Jahren (2003). Es handelt sich um zwei veröffentlichte Magisterarbeiten. Der Fokus beider Arbeiten liegt nicht ausschließlich auf dokumentarischen Produktionen.

Classen wertet die Programmübersichten von Hör Zu aus, um einen quantitativen Überblick darüber zu gewinnen, wie der Nationalsozialismus in verschiedenen Gattungen thematisiert wurde (Fernsehspiel, Feature etc.). In den qualitativen Analysen berücksichtigt er ausschließlich dokumentarische Produktionen. Diese Analysen haben aufgrund ihrer geringen Zahl jedoch einen eher beispielhaften Charakter.

Christiane Fritsches Magisterarbeit Vergangenheitsbewältigung im Fernsehenbezieht neben Das Dritte Reich (1960/1) und Adolf Hitler – Versuch eines Portraits [sic!] (1969) Helmut Käutners Spielfilm In jenen Tagen ein (1947; Fernsehausstrahlung 1955). Fritsche rechtfertigt ihre Auswahl damit, dass „in den 50er Jahren keine Dokumentationen über das Dritte Reich gedreht wurden“ (2003: 16). Dies zeigt mangelnde Kenntnis des Fernsehdokumentarismus; denn es gab in den 1950er Jahren durchaus Arbeiten, die sich mit der nationalsozialistischen Zeit auseinandersetzten (so z.B. Peter Schier-Gribowskys … als wär´s ein Stück von Dir [1959]).

Meike Vogel (2010) verwendet als Untertitel ihrer DissertationUnruhe im Fernsehen die Formulierung Protestbewegung und öffentlich-rechtliche Berichterstattung in den 1960er Jahren (Herv. CH/BS). Es geht ihr um mehr als eine Aufarbeitung der Berichterstattung über die so genannte Studentenbewegung/außerparlamentarische Opposition (APO) im öffentlich-rechtlichen Fernsehen jener Zeit (in Nachrichten- und Magazinbeiträgen, Reportagen und Dokumentationen). Daneben sind auch die „öffentliche Kritik am Fernsehen und die Argumentationen der Journalisten, in denen sie ihre eigene Rolle definieren, […] zentrale Aspekte der […] Untersuchung.“ (16) Daher geht Vogel vor allem auf die inhaltliche Rahmung der Berichterstattung ein. Als Beispiele dienen ihr a) der Staatsbesuch von Schah Reza Pahlewi (1967) als ein geplantes, ‚inszeniertes’ Medienereignis; b) die Gegendemonstration und der Tod Benno Ohnesorgs als Nachrichtenereignis:

„Die Berichte über den Staatsbesuch einerseits und die Nachrichten von den Demonstrationen und besonders vom Tod Benno Ohnesorgs andererseits vermittelten gänzlich gegensätzliche Deutungsmuster. Im Gegensatz zu den Berichten vom Medienereignis Schahbesuch, die Ordnung und nationale Einheit betonten, unterstrich die mediale Darstellung des Nachrichtenereignisses eher das Neue, den Konflikt und die Unruhe. Die Erzählung über die Demonstrationen und den Tod Benno Ohnesorgs stellte gerade jene Werte in Frage, die die Coronation-Darstellung vermittelte.“ (Vogel 2010: 154)

Gerade anhand der Protestberichterstattung arbeitet Vogel detailliert die thematische Rahmung heraus. Formale Gestaltungsaspekte bezieht sie dabei jedoch ausschließlich auf die inhaltliche Analyse. Sehr anschaulich zeichnet sie die senderinternen Debatten und das Selbstverständnis der Fernsehmacher nach.

Auch Andrea Brockmann konzentriert sich in ihrer Studie Erinnerungsarbeit im Fernsehen (2006) auf ein konkretes Beispiel: den „Volksaufstand“ in der DDR (17. Juni 1953). Sie untersucht allerdings Dokumentationen (unterschiedlicher Form) aus verschiedenen Jahrzehnten, um inhaltliche Verschiebungen in der Darstellung analysieren zu können. Dabei geht sie stärker als Vogel auf formale Gestaltungsaspekte und ihre Veränderungen ein, wenn oftmals auch sehr deskriptiv. Ihr gelingt es leider nicht, diese ästhetischen Veränderungen fernsehhistorisch festzumachen.

Sabine Horns Arbeit Erinnerungsbilder: Auschwitz Prozess und Majdanek Prozess im westdeutschen Fernsehen (2009) ist ähnlich angelegt. Auch sie verfolgt ein Thema über eine Zeitspanne hinweg – mit Blick auf Veränderungen in der Berichterstattung. Sie analysiert neben Dokumentationen auch Nachrichten- und Magazinbeiträge, Jugendsendungen etc. Im Gegensatz zu anderen hier dargestellten Untersuchungen bietet Horns Studie auch quantitative filmische Analysen. Sie erfassen detailliert die Verschiebung inhaltlicher Schwerpunkte und zeigen deutlich die unterschiedliche Verwendung von Gestaltungsmitteln auf (mit sehr überzeugenden – und übersichtlichen – grafischenDarstellungen). Horns Arbeit hebt sich in ihrer beispielhaften Kombination von quantitativem und qualitativem Zugriff von anderen Untersuchungen wohltuend ab.

5) Publikationen zur Art der
Geschichtsvermittlung

Ein besonderer Trend bildet sich in geschichts- wie medienwissenschaftlichen Veröffentlichungen der jüngeren Zeit ab. Sie widmen sich immer wieder der speziellenFrage der Geschichtsvermittlung durch das Fernsehen (s. Fischer/Wirtz 2008; Korte/Paletschke 2009). Hier hat Judith Keilbach eine brillante Studie vorgelegt: Geschichtsbilder und Zeitzeugen: Zur Darstellung des Nationalsozialismus im bundesdeutschen Fernsehen (2008). Sie analysiert die Inszenierungsweisen von Zeitzeugen und Archivbildern – in ihrer historischen Genese – am eingehendsten. Im Unterschied zu vielen anderen Arbeiten (insbesondere den erwähnten themenzentrierten Analysen) rückt sie den Einsatz und die Funktion der Gestaltungsmittel in den Fokus. Insbesondere berücksichtigt sie bei Zeitzeugeninterviews den Zusammenhang zwischen inszenatorischer Gestaltung und inhaltlicher Aussage. Sie zeigt anhand ihres Konzepts der Traumatifizierung wie stark die Darstellung derZeitzeugen von Inszenierungsstrategien und vergangenheitspolitischem Kalkül geprägt ist (Keilbach 2008: 163ff.).

Claudia Cippitelli und Axel Schwanebeckversammeln in dem schmalen Band Fernsehen macht Geschichte (2009) die Vorträge des 27. Tutzinger Medientags. Auf ca. 100 Seiten finden sich 10 Texte von Kritikern/Publizisten und Fernsehpraktikern (meist aus dem Bereich Redaktion). Der Band hinterlässt den Eindruck eines Praxisberichts, in dem die Referenten/Autoren die eigenen Verdienste feiern – oder das eigene Vorgehen legitimieren. Das gibt zwar den einen oder anderen interessanten Einblick in das Fernsehgeschäft, aber eine tiefergehende historische und/oder theoretische Reflexion findet nicht statt – ebenso wenig eine anspruchsvolle analytische Auseinandersetzung. Im Vergleich dazu bietet der Band Alles authentisch? Popularisierung der Geschichte im Fernsehen (Fischer/Wirtz 2008) gehaltvollere Artikel (wobei sich Autoren und Themen zum Teil überschneiden; auch hier sind Fernsehpraktiker beteiligt).

In diesen beiden Bänden kommt der Blick auf die historische Entwicklung der Geschichtsvermittlung im Fernsehen zu kurz. Dieses Defizit wird auch bei einer Gesamtschau der Forschungslage offensichtlich – als sei das Fernsehen selbst geschichtslos. Ausnahmen stellen hier die Publikationen Edgar Lerschs dar (2006/2008/2009) sowie Frank Böschs Beitrag in Fischer/Wirtz (2008).

Es fehlt an fernsehgeschichtlichem Hintergrundwissen. Betrachtungen der Geschichtsvermittlung im Fernsehen greifen oft zu kurz: Thomas Fischer (2008) verbindet bspw. die „Entdeckung und Etablierung des Zeitzeugenfernsehens“ (39) mit der Etablierung des Dualen Rundfunks 1984 (38). Er ignoriert damit u.a. die große Tradition des Interviewdokumentarismus im bundesdeutschen Fernsehen. Schon sehr früh bot diese dokumentarische Form Zeitzeugen breiten Raum (um nur einige „Klassiker“ zu nennen: Warum ist Frau B. glücklich? [1968; Erika Runge], Mendel Schainfelds zweite Reise nach Deutschland [1972; Hans-Dieter Grabe], Comedian Harmonists [1977; Eberhard Fechner]).

Selbst für die konventionelle Geschichtsdokumentation ist Fischers Zeitmarkenicht haltbar. Heinz Huber, einer der Pioniere des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus, verwendet bereits Anfang der 1960er Jahre Zeitzeugeninterviews – in einigen Folgen der Reihe Das Dritte Reich (1960/61; Heinz Huber et al.). Zu dieser Zeitetablierteder Süddeutsche Rundfunk sogar eine Sendefolge, die entsprechende Interviews explizit in den Mittelpunktstellte: Augenzeugen berichten (1962-1965).7

Der Zuschauer wurde nicht erst mit dem privatwirtschaftlich organisierten Fernsehen ‚entdeckt’, wie Fischer nahe legt. (Er reproduziert damit einen gängigen fernsehgeschichtlichen Mythos.) Heinz Huber sprach sich bereits in den frühen 1960er Jahren dafür aus, im Fernsehen Zeitgeschichte zu popularisieren (vgl. Huber 1963a-c). Das Dokumentarspiel der 1960er/1970er Jahre war explizit so ausgerichtet – und bot das, was man heute Histotainment nennen würde (um nur einige wenige Beispiele zu nennen: Der Röhm-Putsch [1970; Axel Eggebrecht/Inge Stolten], Die Brücke von Remagen [1967; Wolfgang Schleif], Das Wunder von Lengede [1969; Rudolf Jugert]).

Wolfgang Bruhn, 1965-1969 Leiter der Hauptabteilung Dokumentarspiel im ZDF, betonte ausdrücklich: „Ich will kein Publikum, das bei 30 Prozent Sehbeteiligung einschaltet und mich bei acht Prozent verlässt.“ (zit. in N.N. 1972) Erklärtes Ziel war schon damals, dem Zuschauer über Identifikation einen emotionalen Zugang zum historischen Stoff zu öffnen. Die publikumswirksame Geschichtsvermittlung hat im bundesdeutschen Fernsehen eine beachtliche Tradition.

Daher stimmt Fischers Einschätzung nicht, dass „aus meist trockenen Geschichtssendungen für fachlich interessierte Minderheiten […] Ende der 1980er Jahre ein Geschichtsfernsehen für ein Massenpublikum [wurde], bei dem es nicht mehr um fachwissenschaftliche Analysen ging, sondern um Erlebnis, Erinnerung und Erzählung“ (2009: 191). Dieser Schritt wurde schon weit früher getan.

Der Süddeutsche Rundfunk hat Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre sogar schon mit der Fiktionalisierung von Geschichtsdokumentationen experimentiert, um sie fernsehgerechter gestalten zu können. Das arbeitet Edgar Lersch in seinen Aufsätzen schlüssig heraus (vgl. Lersch 2006/2008/2009).

Zu den Vorarbeiten des eingangs erwähnten Forschungsprojekts Wegmarken des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus gehören einige Aufsätze, die dem Themenfeld gewidmet sind. Sie beschäftigen sich mit der Geschichtsdarstellung im Dokumentarspiel und mit der Herausbildung des DokuDramas aus innovativen Ansätzen im Dokumentar- und Fernsehspiel. Bereits in den 1970er Jahren wurde die szenische Rekonstruktion mit Zeitzeugeninterviews kombiniert (vgl. Hißnauer 2007b/2010a/2011b/2011c.)8 – Das sind erste Neubetrachtungen einer Form, die in den 1960er und 1970er Jahren zugleich populär und umstritten war.

6) Studien zum Reality TV und zu docufiction

Zu diesem Bereich ist eine Vielzahl von Aufsätzen veröffentlicht worden, die einzelne Aspekte thematisieren (siehe z.B. Bleicher 2009a/b). Es fehlt aber an umfassenden deutschen Studien, die die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Reality TV untersuchen, diskutieren und einordnen. Daher ist ein Rückgriff auf Publikationen aus dem anglo-amerikanischen Bereich zu beobachten (in erster Linie auf Hill 2005/2007, Murray/Oullette 2009). Sie sind freilich nur begrenzt aussagekräftig für das deutsche Fernsehen.

Zu den wenigen deutschen Veröffentlichungen zählen: Döveling et al. 2007, Hellemeier 2010; Jerutka 2010. (Sie sind nur zum Teil nennens-wert; s.o.) Ansonsten beziehen sich die Publikationen aus dem deutschsprachigen Raum

a)    auf die Frühphase des Reality TV in den 1990er Jahren (Lücke 2002; Wegener 1994; Winterhoff-Spurk et al. 1994);

b)    auf bestimmte Formate wie Big Brother (Böhme-Dürr/Sudholt 2001; Mikos et al. 2000; Weber 2000), Die Super Nanny (Grimm 2006, Prokop 2008) oder Germany‘s next Topmodel (Prokop/Friese/Stach 2009).

Daneben werden spezifische Inszenierungsweisen fokussiert – bspw. Skandalisierung (siehe Lünenborg et al. 2011). Zum Teil sind die Arbeiten medienpädagogisch bzw. –kritisch motiviert (Götz 2002, Prokop/Jansen 2006, Stach 2010).

Auch beim Reality TV gibt es die „Geschichtslücke“: Längst überfällig sind Studien, die die historische Entwicklung aufarbeiten – und die Bezüge zu Vorläuferformen herstellen.

Der aktuelle Trend zur Produktion sog. scripted documentaries ist bislang in der wissenschaftlichen Diskussion völlig vernachlässigt. Scripted documentaries sind fiktive Produktionen des Reality TV – inszeniert mit Laiendarstellern. Sie orientieren sich an Gestaltungsweisen von Doku-Soaps (vgl. Hißnauer 2011a: 363ff.). In der Medienkritik finden sich dazu zwei Positionen. Auf der einen Seite argumentieren insbesondere Vertreter der privatwirtschaftlich organisierten Sender, dass der Zuschauer das Spiel mit der Inszenierung durchschaue. Es gehe ihm nur darum, interessante Geschichten zu sehen – egal, ob sie real oder erfunden sind. Auf der anderen Seite behaupten Kritiker, dass der Zuschauer nicht mehr zwischen Doku-Soaps und fiktiven scripted documentaries unterscheiden könne. Keine der beiden Positionen ist jedoch derzeit wissenschaftlich belegt. Es gibt keine Studie zur Perzeption der scripted documentaries.

Im Bereichder docufiction und der Fake-Doku dominieren Publikationen aus dem anglo-amerikanischen Bereich (docufiction: Rhodes/Springer 2006 / Fake-Doku:Roscoe/Hight 2001, Hight 2010). Grundlegende Studien aus dem deutschsprachigen Raum liegen nicht vor – lediglich vereinzelte Aufsätze (z.B. Hattendorf 1995, Mundhenke 2011) und ein Sammelband (Hoffmann et al. 2012).

Die fiktive Dokumentation wird bislang weder in der anglo-amerikanischen noch in der deutschen Medien- und Kommunikationswissenschaft als eine spezielle, gesondert zu betrachtende dokumentarische Darstellungsform wahrgenommen. Sie wird – fälschlicherweise – als docudrama/dramadoc oder als Fake-Doku diskutiert. Eine Ausnahme stellt hier lediglich ein Aufsatz dar, der in Vorbereitung des bereits mehrfach erwähnten Projekts entstand (Christian Hißnauer MöglichkeitsSPIELräume. Fiktion als dokumentarische Methode. Anmerkungen zur Semio-Pragmatik fiktiver Dokumentationen [2010b]; vgl. auch Hißnauer 2011a). Der Aufsatz korrigiert die bisherige Einordnung undweist der fiktiven Dokumentation den Status einer eigenständigen dokumentarischen Form zu: „Der Kern Fiktiver Dokumentationen ist die journalistische Recherche. Sie präsentieren Prognosen oder fundierte (Zunkunfts-)Szenarien – möglichst anschaulich und nachvollziehbar.“ (Hißnauer 2010b: 24; Herv. i. Orig.)

Zu den jüngeren Beispielen solcher „Was-wäre-wenn-Szenarien“ zählen: Tag X – Terror in Deutschland [2004; Nils Willbrandt], Killergrippe 2008[2007; Richard Ladkani/Bärbel Jacks]). Aber auch hier gibt es Arbeiten, die den Ansatz schon früh verfolgten (z.B. Tribunal 1982 – Zwei Welten im Zeugenstand [1972; Stefan Rinser], Todeszone [1991; Joachim Faulstich/Georg M. Hafner], Crash 2030 – Ermittlungsprotokoll einer Katastrophe [1994; Joachim Faulstich]).

7) Fernsehtechnik und Ästhetik

In den 1990er Jahren wurde die Digitalisierung der Aufnahme- und Bearbeitungstechnik ein medien- bzw. kommunikationswissenschaftliches Thema (siehe z.B. den Sammelband Trau-Schau-Wem, den Kay Hoffmann 1997 dazu herausgegeben hat). Dennoch ist der Zusammenhang von technischer Entwicklung, Produktionsmodi und ästhetischer Ausprägung immer noch ein Forschungsdesiderat – insbesondere im Blick auf den Fernsehdokumentarismus. Die Kernfragen: Was hat neue Technik generell ermöglicht? Was ist als Fortschritt zu sehen? Inwiefern führten Innovationen zu veränderten Produktionsweisen – und einer neuen Ästhetik?

In Große Bilder mit kleinen Kameras analysiert Jürgen K. Müller (2011) den Einfluss, den die Verwendung kleiner handlicher DV-Camcorder seit Ende der 1990er Jahre auf die Ästhetik des Dokumentarfilms hat. Er vertritt die These, dass „erst die Untersuchung der verwendeten Kameratechnik und der Bedingungen, unter denen der Kameramann zu arbeiten hatte, […] eine umfassende Bild- und Filmlektüre [ermöglicht]“ (Müller 2011: 16). Seine Arbeit bietet eine verdienstvolle entwicklungsgeschichtliche Skizze der Handkamera-Technik und der ästhetischen Auswirkungen.

Für den Fernsehdokumentarismus liegen vergleichbare aktuelle Studien nicht vor. Die intensive wissenschaftliche Diskussion der Wechselwirkungen zwischen technischen Innovationen undden damit verbundenen ästhetischen Anmutungen – bzw. neu entwickelten ästhetischen Vorstellungen – steht noch aus.

Angemessene Aufmerksamkeit fand lediglich der Einfluss, den Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre die synchronen Aufnahmeverfahren hatten. Er wird vor allem in der Literatur zum direct cinema betrachtet. Im speziellen Bezug auf den Fernsehdokumentarismus kann nur von Ansätzen einer wissenschaftlichen Reflexion gesprochen werden (siehe bspw. Steinmetz/Spitra 1989; Zimmermann 1995).

Die Geschichte des Fernsehdokumentarismus muss Fernsehtechnologie – verstanden als die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Fernsehtechnik und ihren Folgen – grundlegend einbeziehen. Hier gilt es, die gesamte Bandbreite technischer Neuerungen und ihrer Implikationen (einschließlich der Rückwirkungen) ins Auge zu fassen – insbesondere auch die Impulse, die von digitaler Bildbearbeitung und digitalen Schnittverfahren ausgingen und ausgehen. Darüber darf allerdings nicht vergessen werden, dass auch die ästhetischen Auswirkungen früherer Techniken der Bildveränderung und des Schnitts noch einer befriedigenden Untersuchung bedürfen.

8) Ein gänzlich blinder Fleck:
Serialitätsaspekte

Derzeitig hat die Serienforschung Konjunktur. Das Hauptinteresse liegt dabei auf dem sog. US-amerikanischen„Quality TV“. In diesem Zusammenhang fällt besonders auf, dass in der Auseinandersetzung mit dem Fernsehdokumentarismus Serialität bislang keine Rolle spielt. Dieses mangelnde Interesse an der seriellen Form ist vor allem bei den Studien zum Reality TVzu konstatieren; denn dabei handelt es sich schließlich in der Regel um Formate (und nicht um Einzelstücke). Hinzu kommt: Sie werden stetig kopiert und variiert – was einer speziellen Betrachtung unter der Überschrift Serialitätsaspekte bedarf. Die Formatierung hat zudem nicht nur breite Auswirkungen auf Ästhetik und Dramaturgie, sondern auch auf die (arbeitsteilige) Produktionsweise, den dokumentarischen Zugriff, die Methode.

Es fehlt die diachrone Betrachtung: Nicht-fiktionale Mehrteiler, Reihen und Serien sind von Beginn an im bundesdeutschen Fernsehen präsent – also Jahrzehnte vor Reality TV und Doku-Soap.

Für die 1950er Jahre lassen sich z.B. nennen: Musuri – Eine Fernsehexpedition nach Belgisch-Kongo (1954), Auf der Suche nach Frieden und Sicherheit (1958), Bilder aus der neuen Welt (1955-1960).

Für die lange Tradition des Seriellen im nicht-fiktionalen Bereich stehen auch so herausragende Zeugnisse wie Der Prozess (1984), Personenbeschreibung (1972-1993), Zeichen der Zeit (1957-1973).

Serialität kennzeichnet oftmals auch Langzeitbeobachtungen. Zu den bemerkenswertesten Arbeiten des deutschen Fernsehens gehört hier gewiss die Filmfolge über Do Sanh, die Hans-Dieter Grabe innerhalb seines Gesamtwerks realisiert hat. Sie setzt ein mit der Vorstellung des kriegsverletzten Jungen Do Sanh in dem Film Nur leichte Kämpfe im Raum Da Nang (1970). Sie findet ihre Fortsetzung mit den Arbeiten Sanh und seine Freunde – Beobachtungen einer Rückkehr nach Vietnam (1975), Do Sanh (1991), Tage mit Sanh (1994) und Do Sanh – Der letzte Film (1998). Grabe hat auch bei anderen seiner Protagonisten die Wiederbegegnung gesucht. Im Anschluss an Nur leichte Kämpfe im Raum Da Nang widmete er dem Arzt Alfred Jahn weitere Filme (Dr. med. Alfred Jahn, Kinderchirurg in Landshut [1984], Diese Bilder verfolgen mich – Dr. med. Alfred Jahn [2002]).

Als Beispiele von Filmfolgen (und damit von Serialität) müssen aus Grabes Œvre noch genannt werden: Mendel Schainfelds zweite Reise nach Deutschland (1972), Mendel lebt (1999) // Jens und seine Eltern (1990), Jens von Sonntagnachmittag bis Freitagabend – Wiederbegegnung nach 7 Jahren (1996).

Für den Aspekt von Serialität im Rahmen von Langzeitbeobachtungen steht Grabe bei aller Bedeutung freilich nicht allein. Es sei verwiesen auf Die Kinder von Golzow (1961-2007), Die Fussbroichs (1979-2004), Berlin – Ecke Bundesplatz (seit 1989). Diese Beispiele mögen auch für die vielfältige Gestaltung der Langzeitbeobachtung stehen.

Die spezifischen Formen und narrativen Verfahren nicht-fiktionaler Serialität sind bislang nicht einmal ansatzweise untersucht worden. Dabei spielt Serialität bei der Popularisierung nicht-fiktionaler Programmangebote von jeher eine wichtige Rolle. Oft führte sie zu Spitzmarken oder gar Premium-Produkten der Sender, die dann (unabhängig von der Qualität) programmprägend weiterwirkten – dies oft über den Ursprungssender hinaus (z.B. die Hochglanzprodukte der BBC, die ZDF-Reihe Hitlers Helfer).

Fazit

Die Geschichte des bundesdeutschen Fernsehdokumentarismus ist bislang nur in Ansätzen aufgearbeitet worden. Eine umfassende Analyse prägender Formen und richtungsweisender Schulen in ihrer historisch-ästhetischen Genese fehlt bislang völlig. Dies gilt selbst für die autorenzentrierten Veröffentlichungen, die oftmals reine Werkanalysen darstellen und keinerlei fernsehgeschichtliche Einordnungen enthalten – nicht einmal in Form naheliegender Vergleiche.

Die vorliegende Forschungsliteratur weist mithin einen gravierenden Mangel an historischer Kontextualisierung auf. Dies führt zu lücken- oder fehlerhaften Darstellungen.

Als Beispiele seien noch angefügt: Formen wie das Dokumentarspiel der 1960er/1970er Jahre finden in der aktuellen Debatte um Geschichtsvermittlung durch das Fernsehen keine Erwähnung. Das „Zeitzeugenfernsehen“ gilt als eine „Erfindung“ der 1990er Jahre, obwohl sich der so genannte Interviewdokumentarismus bereits in den 1960er Jahren entwickelte. – Aktuelle Trends und Moden werden oftmals als eine neue Entwicklung über- oder gar fehlinterpretiert, da Vorläufer bzw. frühere Ansätze in Vergessenheit geraten sind (z.B. findet eine Hybridisierung von Dokumentation und Fiktion bereits im Stummfilm statt und nicht erst im DokuDrama; vgl. Hißnauer 2010a; Steinle 2009/2010).

Die Liste der Fehleinschätzungen und Fehlurteile ist lang – und wird stetig länger. In dieser Situation hilft es nicht weiter, wenn willfährige Verlage Arbeiten zweifelhaften Niveaus publizieren. Hier scheint die Verdienstmöglichkeit – bzw. die verdienstträchtige Befriedigung von Eitelkeiten – der entscheidende Faktor zu sein. Die wissenschaftliche Qualität steht als Publikationskriterium dahinter zurück. Ein fragwürdiges Verlagsgebahren – besonders auch im Hinblick auf die Literaturgläubigkeit vieler Studierender. Publikation gilt ihnen als Ausweis eines wissenschaftlich abgesicherten Standards. Immer mehr Examensarbeiten demonstrieren, dass unausgegorene Aussagen – ungefiltert – übernommen werden.

Mehr und mehr entstehen und verfestigen sich fernsehgeschichtliche Mythen, die kaum noch hinterfragt werden – und die aufgrund der mehr als unbefriedigenden Situation der deutschen Fernsehwissenschaft auch kaum noch hinterfragt werden können. Es fehlt an einer – längst schon gebotenen – durchdringenden Auseinandersetzung. Einmal mehr gilt es daher anzumerken:

„Wir leben in einer Welt, die ganz wesentlich von Medien geprägt ist – in besonderer Weise von bewegten und immer wieder auch bewegenden Bildern. Gleichzeitig leben wir mit einem so erstaunlichen wie inakzeptablen Defizit: Medienkunde ist immer noch kein angestammtes Schulfach. Fernsehwissenschaft ist in Deutschland immer noch nicht etabliert – geschweige denn institutionalisiert.“(Schmidt 2011: 18)

 

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  1. Geplant und bereits weitgehend recherchiert/kommentiert sind als Folgearbeiten (in variierender Autorenschaft): 2) Der Semi-Dokumentarismus der 1980er und 1990er Jahre, 3) Porträtkunst der 1970er und 1980er Jahre: Georg Stefan Troller und Hans-Dieter Grabe, 4) Die Stuttgarter Schule der 1950er bis 1970er Jahre, 5) Dokumentation als Unterhaltung. Entwicklungen seit den 1990er Jahren: Reality TV/Factual Entertainment.
  2. Es gibt Schnittmengen zwischen einzelnen Punkten. Die Gliederung orientiert sich an speziellen thematischen Gewichtungen.
  3. Die Autoren verwenden hier eine differenzierende Ausdrucksweise, die sie in ihrem Band Wegmarken des Fernsehdokumentarismus. Die Hamburger Schulen (geplant für 2012) näher vorstellen.
  4. Eine historisch orientierte Auseinandersetzung mit den gängigen Begriffen findet sich bei Hißnauer 2011a.
  5. Das Begriffsverständnis im anglo-amerikanischen Sprachraum unterscheidet sich von der deutschen wissenschaftlichen Terminologie – und variiert durchaus.
  6. Siehe Fußnote 2.
  7. Zur frühen Phase des ‚Zeitzeugenfernsehens‘ siehe Christian Hißnauer Psychomontage und Oral History: Eine Skizze zur Entwicklungsgeschichte des Interviewdokumentarismus in der Bundesrepublik Deutschland (2010c).
  8. Zum DokuDrama siehe auch Ebbrecht 2007a/2007b; Steinle 2009/2010; Waitz 2009 – und insbesondere die Debatte von Ebbrecht/Steinle und Hißnauer 2008. – Wichtige englischsprachige Veröffentlichungen zum docudrama haben Rosenthal (1999) und Lipkin (2002) vorgelegt. Allerdings wird der Begriff im anglo-amerikanischen Sprachraum anders verwendet (vgl. dazu Hißnauer 2011a).

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